Liebeserklärung an den Norden
Die Natur im Norden gilt als erbarmungslos, doch genau darin liegt ihr Reiz, findet die Autorin Isabelle Bacher. Sie beschreibt die Welt dort als »schroff, kühl und atemberaubend schön«, und genau so präsentiert sie die einmaligen Landschaften des Nordens auch auf ihren Fotos. Bachers Begeisterung für den Norden ist auf jeder Seite spürbar. Die hat sie von ihrer norwegischen Mutter. Ihr österreichischer Vater brachte sie zur Fotografie. Gekonnt kombiniert sie die beiden Leidenschaften und präsentiert ihr Werk als gelungenen Mix aus Bildband, Kurzbiografie und Reisereportage.
In den Texten, an denen die freie Lektorin Caroline Metzger mitwirkte, erzählt Bacher von den Sommerurlauben ihrer Kindheit in Südnorwegen. Dort lernte die Autorin, mit der Natur zu leben und sich ihr zu fügen – die ihrer Ansicht nach vielleicht wichtigste Lektion. Fotos zeigen die Familie unter anderem beim Angeln. 2013 wanderte die Architektin und preisgekrönte Fotografin dann nach Nordnorwegen aus, lebte und arbeitete unter anderem in Tromsø und auf den Lofoten-Inseln.
30 Stunden in der Fischerhütte
Um der Natur und ihren Fotomotiven nah zu sein, riskiert Bacher oft Kopf und Kragen. Einmal schloss ein Orkan sie für 30 ungewisse Stunden in ihrem »Rorbu« ein, einer kleinen roten Fischerhütte ohne Strom, Wasser und Feuerholz. Gerettet wurde sie von ihrem Vermieter Yngvar, der sich im Nachhinein als entfernter Verwandter herausstellte.
Die Autorin stellt fünf Regionen Nordnorwegens vor: Spitzbergen, Finnmark, Troms, Lofoten und Vesteralen. Diese bilden zusammen die nördliche Grenze zwischen der Zivilisation und der arktischen Wildnis. Schon beim ersten Durchblättern fühlt man sich in die Stille und Weite des Nordens versetzt: Das Cover sowie die Innenseiten sind überwiegend in Grau, Blau und Weiß gehalten; das klare, schlichte Design gibt ausreichend Platz für Texte und Fotografien.
Viele Fotos bedecken jeweils etwa ein Drittel der meist monochrom weißen Seiten. Das lässt sie wie in einer Kunstausstellung auf weißem Hintergrund präsentiert erscheinen. Andere Abbildungen erstrecken sich über eine Doppelseite und geben ein weites Landschaftspanorama preis. Menschen sind nie abgebildet.
Bacher gelingt es, die Natur Norwegens in den besonderen Lichtverhältnissen am Polarkreis in Szene zu setzen. Dazu gehören beispielsweise nackte Felswände im warmen Licht der tief stehenden Sonne; strahlend weiße Eisberge, die sich aus der schwarzen See erheben; und türkis schimmernde Berge. Eine besondere Faszination üben seit jeher die Polarlichter aus. Sie auf einem Foto naturnah wiederzugeben, erfordert viel fotografische Expertise, denn neben der richtigen Ausrüstung muss der Fokus nahezu blind und gleichzeitig sehr genau gesetzt werden; der Autorin ist dies sehr gut geglückt.
Die Bilder sind nur mit Datum, Uhrzeit, Ort und Koordinaten beschriftet. Unterschriften und Seitenzahlen fehlen auf den entsprechenden Seiten. So lenkt den Betrachter nichts ab – der Fokus liegt ganz auf den Naturaufnahmen. Informationen zu den Orten, an denen die Fotos entstanden, vermitteln die einleitenden Texte.
Trotz seines »frostigen« Themas erweist sich das Buch als erwärmendes Werk über die Natur und Schönheit des Nordens. Es lässt sich Reiselustigen und generell allen empfehlen, die sich für Naturfotografie beziehungsweise die Polarregionen interessieren.
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