»Im Takt der Natur«: Ein Lese- und Bilderbuch zur Biologie
Die britische Wissenschaftsjournalistin und Biologin Helen Pilcher hat bereits mehrere populärwissenschaftliche Bücher zu Themen der Biologie geschrieben. In dem vorliegenden Titel geht es um die zeitlichen Dimensionen, die das Leben bestimmen. Diese sind durchaus unterschiedlich; sie reichen von wenigen Millisekunden, die für neuronale Verarbeitungsmechanismen oder die zuschnappenden Fallen Fleisch fressender Pflanzen typisch sind, bis zu Millionen Jahren, in denen sich evolutionäre Prozesse abspielen. Alle Lebensprozesse von sehr einfachen Organismen und Tieren oder auch von Pflanzen erfolgen in zeitlichen Rhythmen und Zyklen. Jeder Organismus und jedes Lebewesen besitzt sein individuelles Zeitmuster. Dies gilt für alle biologischen und physiologischen Funktionen.
Das Wissen darüber hilft, die Vielfalt biologischer Prozesse zu verstehen. In sechs Kapiteln werden die unterschiedlichen Arten von Zeitmustern beschrieben, die für verschiedene biologische Mechanismen und Entwicklungen typisch sind. So werden evolutionäre und ökologische Zeiträume, Lebensspannen sowie verhaltensbiologische und biologische Zeitspannen geschildert. Wir lernen viel über recht unterschiedliche Aspekte des Lebens und physiologische Mechanismen, deren zeitliche Dimensionen anschaulich geschildert werden. Die Lebensdauer von Lebewesen variiert zwischen nur einem Tag der Eintagsfliege über Wildkaninchen, die drei bis fünf Monate leben, bis zum Grönlandhai, der älter als 350 Jahre werden kann. Eine ähnliche Bandbreite findet sich beim Schlaf: Giraffen schlafen täglich nur vier bis fünf Stunden, Koalas bis zu 22 Stunden.
Meeresschildkröten müssen das Laufen nicht lernen
Menschen lernen im Alter zwischen 8 und 18 Monaten zu laufen, während Meeresschildkröten sich sofort und Gnus oder Pinguine nach wenigen Minuten fortbewegen können. Diese Zeitmuster sind durch die natürliche Umgebung und genetisch verankerte Prozesse gesteuert. Schlafen oder die zeitliche Entwicklung des Laufens von Jungtieren sind bei Raub- und Beutetieren durchaus unterschiedlich, und auch der Hörbereich oder die Atemfrequenz verschiedener Tiere sind von den Anforderungen ihrer jeweiligen Umwelt geprägt.
Weitere Themen des Buchs sind beispielsweise die Entwicklungsprozesse während der Evolution oder die Aussterberaten verschiedener Tiere wie Dodo, Riesenalk und Beutelwolf. Auf der anderen Seite wird die Erfolgsgeschichte des Artenschutzes geschildert.
Die Beschreibung des Lebenszyklus »unsterblicher« Quallen bis zum Massensterben der Korallen, das wir derzeit beobachten, verdeutlicht, dass Helen Pilcher in diesem unterhaltsam geschriebenen Buch wichtige und aktuelle Themen aufgreift. Das Buch stellt eine gelungene Mischung der wesentlichen biologischen, anatomischen und physiologischen Fakten dar. Die einzelnen Themen werden jeweils auf einer Doppelseite abgehandelt, wobei kurze Texte die wichtigsten Informationen prägnant zusammenfassen. Das allermeiste lässt sich ohne besondere Vorkenntnisse verstehen. Die Aufmachung mit vielen farbigen Grafiken und Diagrammen präsentiert und ergänzt die Texte sehr anschaulich und macht Lust aufs Weiterlesen. Die einzelnen Themen und Stichworte können weitgehend unabhängig voneinander verstanden werden. Man kann das Buch immer wieder durchblättern, um Interessantes zu finden, die einzelnen Abschnitte »häppchenweise« lesen oder sich auch nur mit den Abbildungen beschäftigen.
Zusammengefasst ist dies ein lesenswertes und schön illustriertes Sach- und Lesebuch, das viele Prozesse der Natur und ihre biologischen Grundlagen ansprechend und interessant schildert. Im Anhang finden sich ein Stichwortverzeichnis sowie Angaben zu weiterführender Literatur, mit deren Hilfe man verschiedene Aspekte vertiefen kann.
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