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Beeindruckende Pflanzenwelt

Wussten Sie, dass das Militär in der Antike giftigen Rhododendron-Honig gegen Feinde einsetzte? Das und viele andere skurrile Fakten erfährt man im neuen Buch von Jonathan Drori.

Der renommierte Botaniker Jonathan Drori – Commander of the Order of the British Empire – legt zu seinem erfolgreichen Sachbuch »In 80 Bäumen um die Welt« einen Folgeband vor, der voraussichtlich nicht weniger geschätzt werden wird. Der Autor ruft mit seiner Beschreibung der überaus vielfältigen, oftmals bizarren Pflanzenwelt Staunen und Faszination hervor. Humorvoll-locker verbindet er Pflanzenwissenschaft mit Historie, Wirtschaft und Kultur.

80 Pflanzen in 12 Lebensräumen

Auf einer Reise quer über den Globus beschreibt Jonathan Drori an 80 Pflanzen in zwölf verschiedenen Lebensräumen deren wichtigste botanische Merkmale und Eigenschaften, verbunden mit Hinweisen zu ihrer Bedeutung in der Ökologie und für die Menschen. Visuell unterstützt durch ausdrucksstarke, detailreiche Zeichnungen von Lucille Clerce entsteht so ein Weltpanorama der Pflanzen, populärwissenschaftlich fundiert präsentiert, mit unterhaltsamen Anekdoten und persönlichen Anmerkungen garniert.

So erfährt man beispielsweise nicht nur von den botanischen Besonderheiten der »Großen Brennnessel«, sondern auch, dass sie mit ihren Nesseln ein schützendes Habitat für Schmetterlings- und Insektenarten bildet und »bedauernswerte römische Soldaten am Hadrianswall sich gegen Rheumatismus, Kälte und Langeweile« damit schlugen. Der Autor meint augenzwinkernd, die Brennnessel sei typisch englisch: »aufgrund ihrer potenziellen Exzentrik und Komik, teils aber auch, weil sie Englands harmlos grüner, lieblicher Landschaft ein willkommenes Quäntchen maßvoller, milder Tücke verleiht«.

Pflanzen, Tiere, Pilze: Alle Kreaturen hängen in komplexen Lebenssystemen voneinander ab. Wenn einzelne Arten gefährdet sind, werden Ökosysteme fragil; zusätzlich bedrohen Klimawandel, menschliches Konsumverhalten und moderne Landwirtschaft die Artenvielfalt mit gravierend negativen Auswirkungen. Jonathan Drori beleuchtet auch diese Fragen, wenn er die Bedeutung einzelner Pflanzen als Grundstofflieferanten und Nahrungsmittel (Ölpalme, Gerste, Banane, Kakao, Sojabohne, Kartoffel, Mais), Heilkräuter (Wermut, Hopfen, Ingwer, Alraune), Gewürze und Duftproduzenten (Safran, Myrthe, Myrrhe, Vanille) sowie Genussmittelspender (Kaffee, Mate, Kava-Kava, Muskatnuss) beschreibt.

Jede Pflanzenart steht mit ihren Eigenschaften und ihrer Bedeutung für sich. Gleichzeitig beleuchtet Drori an ausgewählten Beispielen generelle Überlebens- (wie Giftstoffe gegen Pflanzenfresser bei Rhododendron) und Verbreitungsstrategien (etwa klebrige Samen der Mistel). Bei nahezu jeder beschriebenen Pflanze findet er Eigenschaften und historische Bezüge, die selbst ausgewiesenen Pflanzenkennern und -liebhabern neu sind und Lesevergnügen bereiten. Dazu einige Beispiele:

  • Schon in der Antike nutzte man giftigen Rhododendron-Honig (»meli maenomenon«) militärisch. Heute wird er im Schwarzmeergebiet als Partydroge verwendet.

  • Wermut dient seit vorchristlicher Zeit nicht nur als Mittel gegen Darmparasiten, sondern auch als Insektizid. Der darauf basierende Absinth stimulierte eine Vielzahl von Dichtern und Künstlern (wie Baudelaire, Rimbaud, van Gogh, Degas).
  • Das Drachenmaul hat sich, um Schmeißfliegen anzulocken, mit betäubend stinkendem Aasgeruch »zur wohl abstoßendsten Pflanze der Welt entwickelt«.
  • Im Geruch steht ihr die Riesenrafflesie nicht nach: Jahrelang unscheinbar flach am Boden liegend, entwickelt sie in kurzer Zeit mit einem Meter Durchmesser und dem Gewicht eines Kleinkindes die größte Einzelblüte der Welt.
  • Alraune als Aphrodisiakum kommt bereits im erotischen Hohelied Salomons vor, im Alraunewein findet das Wort Anästhesie seinen Ursprung.
  • Die überaus seltsame Welwitschie besitzt die langlebigsten Blätter im Pflanzenreich: Sie kann mehr als 1000 Jahre alt werden und gilt als Missing Link zwischen Zapfenträgern und Blütenpflanzen. Charles Darwin bezeichnete sie als das Schnabeltier des Pflanzenreichs.
  • Ginkgo entwickelte sich bereits vor 200 Millionen Jahren, er ist der Überlebende einer bedeutenden Pflanzenart, die vor 65 Millionen Jahren ausstarb. Seine »Nüsse« enthalten Giftstoffe: »Am besten genießt man sie in Maßen und nach japanischer Art auf Kiefernadelspießen geröstet – und sinniert dabei über die Schönheit und altehrwürdige Herkunft des Ginkgos.«
  • Nori-Algen sind nicht nur eine wichtige Nahrungspflanze in Japan, sie bilden gleichzeitig die Quelle für Agar als Nährboden in der mikrobiellen Forschung (sowie für vegane oder japanische »wagashi«-Süßigkeiten).
  • Der Greisenbart ist nicht nur im Aussehen eine überaus seltsame Pflanze. Als Epiphyt bezieht er alles Lebensnotwendige aus feuchter Luft und deren Verunreinigungen. Als Stopfmaterial in Voodoo-Puppen soll er »Unheil abwenden und einem selbst Glück oder, seltener, anderen Unglück bringen«.
  • »In 80 Pflanzen um die Welt« ist ein liebevoll verpacktes, vergnüglich lesbares Pflanzenlehr- und Lesebuch und dazu auch Nachschlagewerk mit ausführlichem Register. Es vereint, umwerfend illustriert, Wissenschaft, Historik und erstaunliche Geschichten über bekannte und unbekannte Pflanzen. Pflanzenliebhaber werden ihre Freude daran haben.

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