Schattenseiten einer Lichtgestalt
Heinz-Werner Kubitza, ein aus der Kirche ausgetretener promovierter Theologe und Gründer des Verlags »Tectum«, hat sich schon mehrfach religions- und kirchenkritisch geäußert – etwa in Publikationen wie »Der Jesuswahn« (2011) und »Der Glaubenswahn« (2017). Nun legt er ein neues Buch vor, in dem er sich erneut mit dem Christentum und der Kritik daran beschäftigt. Das Werk mit dem Titel »Jesus ohne Kitsch« versteht sich als Auseinandersetzung mit Jesus von Nazareth und dessen Idealisierung als vermeintliches Vorbild seitens der christlichen Kirche und Anhängern des Christentums. Der »wohl am meisten überschätzten Figur der Weltgeschichte« (Kubitza) begegnet der Autor, indem er Bibelstellen aus dem Neuen Testament zitiert, die Irrwege und Widersprüche in Jesus' Handeln aufzeigen. Das Ganze soll dazu dienen, das allzu verkitschte Bild des »Heilsbringers« zurechtzurücken, ihn gar als Kunstprodukt menschlicher Projektionen zu entlarven – obgleich Kubitza davon ausgeht, Jesus habe als historische Person real existiert.
Aus der Bibel zitiert
Unter anderem stellt der Autor Jesus' Nächstenliebe in Frage, indem er Bibelstellen zitiert, die einen durchaus gewaltbereiten Propheten zeigen: »Und im Tempel traf er auf die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und auf die Wechsler, die da saßen. Da machte er eine Peitsche aus Stricken und trieb alle aus dem Tempel hinaus, auch die Schafe und die Rinder, und das Geld der Wechsler schüttete er aus, die Tische stieß er um (…)« (Joh 2,13-16). Zudem attestiert Kubitza dem Religionsstifter einen Hang zur Ausländerfeindlichkeit: »Nehmt nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine samaritanische Stadt. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel« (Mt 10,5-6). Außerdem habe Jesus zum Hass aufgerufen, etwa indem er predigte: »Wer zu mir kommt und nicht hasst Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern und dazu auch sein eigenes Leben, kann nicht mein Jünger sein« (Lk 14,26). In solchen Bibelzitaten lernen die Leser manche Seite an Jesus kennen, die eher wenig geläufig und gefällig ist.
Dem Autor gelingt es trotz einiger polemischer und pauschalisierender Fehlgriffe, die Doppelmoral und die Widersprüche des Neuen Testaments und der Jesus-Figur gründlich zu beleuchten. Kubitza untermauert seine Thesen und stellt sie in einen nachvollziehbaren Kontext. Ihm gelingt es so, eine durchaus kritische Sicht auf den Propheten herauszuarbeiten, die nicht frei von ironischen Untertönen ist, und die Leser zu einer kritischen Reflexion der Rolle Jesus' im Christentum zu bewegen.
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