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So machen Sie alles falsch

Psychische Störungen fußen häufig auf prägenden Erfahrungen mit frühen Bezugspersonen, gewöhnlich den Eltern. Das schließen Rainer Sachse und Jana Fasbender aus ihrer jahrelangen Arbeit als Verhaltenstherapeuten. Bei ihnen suchen immer wieder Menschen Hilfe, deren zentrale Grundbedürfnisse in der Kindheit missachtet wurden – nicht selten mit lang anhaltenden Folgen.

Dagegen wollen die Autoren angehen und liefern einen satirischen Ratgeber für perfektes Versagen bei der Erziehung, à la: "Ihr Kind ist agil, fröhlich, selbständig und voller Überschwang? Diesen Zustand sollten Sie unverzüglich abändern, bevor es völlig überschnappt." Mit bissigen und paradoxen Ratschlägen zeigen sie auf, wie sich größtmöglicher Schaden beim Nachwuchs anrichten lässt. Sie empfehlen Eltern beispielsweise, ihr Kind auszulachen, wenn es ihnen stolz ein selbst gemaltes Bild präsentiert: "Was, das soll ein Löwe sein? Pass auf, ich male dir jetzt mal einen richtigen Löwen!"

Vorsicht! Ironie

So soll der Leser dazu angeleitet werden, derartige Fallen zu vermeiden und das Gegenteil zu tun. Sachse und Fasbender hoffen, auf diesem Weg ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, was Kinder für eine gesunde Entwicklung von ihren Eltern brauchen und wie sich psychische Störungen vermeiden lassen.

Als Erziehungsexperten verstehen sich die Autoren ausdrücklich nicht. Sie betrachten Erziehung betont retrospektiv, also aus dem Blickwinkel von Psychotherapeuten, die auf die Behandlung Erwachsener spezialisiert sind. Diese hätten nicht selten noch Jahrzehnte später unter den Erziehungsfehlern ihrer Eltern zu leiden.

Hart für den Misserfolg arbeiten

Für eine rundum katastrophale Erziehung gelte es, so die Autoren, die sechs Grundbedürfnisse des Kindes konsequent zu missachten. Das Bedürfnis nach Anerkennung beispielsweise bleibt am sichersten unerfüllt, indem man unerreichbar hohe Erwartungen artikuliert und Lob vermeidet. Ebenso wichtig ist es, kein Gefühl von Sicherheit aufkommen zu lassen. Als probates Mittel empfehlen die Autoren, dem Nachwuchs schon bei kleineren Streitigkeiten mit einer Abschiebung ins Heim zu drohen. Zudem sollten Eltern die Privatsphäre des Kindes regelmäßig verletzen, zum Beispiel indem sie im Zimmer herumstöbern und die Tagebücher lesen.

Der satirische Duktus der Autoren ist gewöhnungsbedürftig und lässt einen nicht immer nur schmunzeln. Sensiblen Gemütern dürfte angesichts der paradoxen Tipps hier und da erschrocken die Kinnlade herunterklappen. Wer sich damit arrangieren kann, den erwartet ein amüsanter und gehaltvoller Ratgeber ohne erhobenen Zeigefinger – und die tröstliche Erkenntnis, dass es niemandem gelingt, bei der Kindererziehung alles richtig zu machen.

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