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Richtiges Denken, falsches Denken

Haben Sie schon einmal einen Blick in das Bücherregal eines Verhaltenstherapeuten geworfen? Mit großer Wahrscheinlichkeit stoßen Sie dabei auf ein Werk aus der Feder Martin Hautzingers. Die Bücher des Tübinger Psychologieprofessors zur kognitiven Verhaltenstherapie und zur Behandlung von Depressionen sind in den vergangenen Jahren echte Klassiker geworden. Gemeinsam mit seinem Kollegen Patrick Pössel (aktuell tätig als Professor an der University of Louisville, USA) steuert er nun den ersten Band zu einer neuen Lehrbuchreihe des Hogrefe-Verlags bei. "Standards der Psychotherapie" nennt sie sich, und Hautzinger selbst ist einer der Herausgeber. In den Bänden wollen die Experten nicht weniger als den Goldstandard "erfolgreicher Psychotherapie" zu Papier bringen: "Jede Psychotherapeutin und jeder Psychotherapeut", so Hautzinger, "sollte diese 'Standards' beherrschen und anwenden können."

Im ersten Band widmen sich Hautzinger und Pössel auf knapp 160 Seiten der Macht der Gedanken sowie "kognitiven Interventionen", die sich störungsübergreifend anwenden lassen. Welche Möglichkeiten stehen Patienten offen, "ausgetrampelte" und krank machende Gedankenpfade zu verlassen und neue, gesündere Denkweisen zu erlernen? Der Aufbau des Buchs ähnelt vielen gängigen Therapiemanualen: Nach Kapiteln zur Theorie und Diagnostik geben die Autoren den üblichen kognitiven Interven­tionen Raum, etwa Gedanken-Stopp-Techniken und Realitätstests. Der Anhang bietet Kopiervorlagen für die praktische Arbeit.

Viele alte Bekannte

Den therapeutisch erfahrenen Lesern laufen schon im ersten Kapitel viele alte Bekannte über den Weg: Ellis, Beck, Lazarus, Seligman – im "Who's who" der kognitiven Therapie lassen die Autoren keinen wichtigen Namen und kein wichtiges Erklärungsmodell ungenannt. Prima also, wenn der Leser gerade für seine Therapieausbildung lernt oder nach einigen Jahren Berufspraxis sein Grundwissen auffrischen will. In die Tiefe können die Autoren ob der Menge der Namen und Modelle kaum gehen; stattdessen verweisen sie auf Quellen zum Weiterstöbern. Positiv fällt auf, dass Hautzinger und Pössel deutlich mehr leisten als ein bloßes Wiederkäuen: Sie gehen immer wieder auch auf aktuelle Entwicklungen und Überarbeitungen altbekannter Modelle ein und geben im praktischen Teil aktuellen Ansätzen Platz. So diskutieren sie Verfahren aus der meta­kognitiven Theorie sowie der Akzeptanz- und Weisheitstherapie. Darüber hinaus widmen die Autoren ein eigenes (wenn auch kurzes) Kapitel der Evidenzlage einiger Methoden.

Die Leser können in verschiedener Hinsicht von diesem Buch profitieren: Es eignet sich als detailliertes Nachschlagewerk, als Planungshilfe für die nächste Therapiesitzung und kann als Update Lehrbücher ergänzen, die schon im Regal stehen. Wer einen knappen, aber umfassenden Überblick, eine Lernstütze oder Auffrischung zu den wichtigsten Ideengebern und Methoden kognitiver Therapie braucht, ist mit diesem Buch sehr gut beraten. Denn die Autoren haben hier, um mit den Worten Bill Brysons zu sprechen, tatsächlich "eine kurze Geschichte von fast allem" zusammengetragen. Wer Wert auf Vertiefung, störungsspezifische Besonderheiten und ausführliche Fallbeispiele legt, sollte jedoch etwas anderes lesen.

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