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Missglückte Geschichtsdarstellung

Trotz Globalisierung ist die Zeit der "Weltgeschichten" nicht wiedergekehrt, wie sie etwa der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) beschrieb. Eine solche Weltgeschichte zu verfassen, unter Annahme eines Prinzips, das die Menschheit als Ganzes integriert, erscheint heute mehr als fragwürdig. Das zeigt sich deutlich im vorliegenden Buch des Historikers Gregor Schöllgen. Indem er seine Weltgeschichte der zurückliegenden 100 Jahre obendrein auf das Thema Krieg fokussiert, schafft er von Anfang an eine einseitige Perspektive und verlängert jene Nationalgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, die sich primär an Schlachten und Eroberungen orientierte.

Das Werk steckt diverse Phänomene in die Schublade "Krieg", bei denen das mindestens fraglich ist. Etwa Putsche: Manche arten in einen Bürgerkrieg aus, aber eben nicht alle, und deshalb geht ihre Betrachtung über militärische Aspekte weit hinaus. Den Terror wiederum als Krieg zu bezeichnen, erweist den Terroristen jene Ehre, die sie gern hätten – tatsächlich hat Terror eher mit Kriminalität zu tun. Flucht schließlich erfolgt oft vor kriegerischem Hintergrund, häufig aber auch vor ökonomischem oder ökologischem.

Unangebrachte Parteinahme

Zu den weiteren Aspekten, die der Autor diskutiert, gehören Atomwaffen, Intervention, Guerilla und Annexion. Leider stellt er dabei seine subjektiven politischen Urteile als historisch wohlfundiert dar. So kritisiert er "die zögerliche Haltung des Westens" gegenüber der russischen Ukraine-Politik, Merkels "Wir schaffen das" im Jahr 2015, die anfänglich freundliche Begrüßung der Migranten durch die deutsche Bevölkerung sowie die fehlende Obergrenze für Flüchtlinge. Damit bezieht er Position in aktuellen, keineswegs beendeten Debatten. Eine Weltgeschichte sollte sich solcher Parteinahme doch wohl eher enthalten.

Weder Geschichte noch Zeitgeschichte – beides lehrte Schöllgen – sind Politik. Beide leiden darunter, dass er ständig apodiktische politische Urteile fällt, denen er das Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit umhängt. Sein Buch versammelt historische Ereignisse zum Zweck aktueller politischer Statements.

Den Horizont erweitert das Buch nur dort, wo es von Ereignissen berichtet, die in Europa allenfalls am Rande wahrgenommen wurden. Der Völkermord in Ruanda 1994 griff auf das größte Land Afrikas über, die Demokratische Republik Kongo, und löste drei Kongokriege aus, deren zweiter (1998-2002) als erster afrikanischer Weltkrieg bezeichnet wurde, weil sich daran sowohl afrikanische als auch europäische Länder beteiligten.

Unterm Strich spricht wenig bis nichts dafür, das Buch zu empfehlen.

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