»Linke Daten, Rechte Daten«: Wie Zahlen für Zündstoff sorgen
So viele Menschen wie nie zuvor haben heute – nicht zuletzt dank der sozialen Medien – Zugang zu Diagrammen. Dennoch herrscht wenig Einigkeit, sowohl innerhalb der Statistiken als auch im Umgang mit ihnen. Manche lobpreisen sie als objektive Fakten, andere misstrauen ihnen.
So lautet die These des Datenjournalisten Tin Fischer in seinem neuen Buch »Linke Daten, Rechte Daten«. Anhand von Beispielen, die er den Kategorien Gesundheit, Gewalt, Geld und Grün zuordnet, führt er sie fundiert und überzeugend aus. Als studierter Historiker beleuchtet Fischer nämlich nicht nur das Thema Statistik aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern zeigt auch auf, wie Menschen früher mit Diagrammen umgegangen sind.
Am Beispiel des Zusammenhangs zwischen Rauchen und Lungenkrebs zeigt er eindrücklich, dass ein gewisses Misstrauen gegenüber Zahlen keine Erfindung von heute ist. Obwohl sich Studien zu den gesundheitsschädlichen Folgen des Zigarettenkonsums in den USA bereits ab den 1950ern häuften, dauerte es viele Jahre, bis dies weithin akzeptiert war. Dann aber bildete sich, wie später auch in Deutschland, eine wirkungsmächtige Anti-Tabak-Bewegung in den Staaten heraus, die das Image des Rauchens zumindest bei der Mittel- und Oberschicht nachhaltig veränderte.
Nicht allein die Zahlen zählen
Das zeigt, worauf der Autor hinauswill: Zahlen sind keine bloßen Fakten; vielmehr hängt ihre Lesart oft von politischen Überzeugungen ab – ob sie privater Natur sind oder geprägt durch den jeweiligen Zeitgeist. Zudem spielt auch immer die Frage nach Macht eine Rolle: wer Zugang zu Statistiken hat und was man mit ihnen erzählen will.
Fischer warnt deshalb davor, sich allzu sehr auf Diagramme zu verlassen. Zumal diese fehlerhaft oder unvollständig sein können oder anderen Studien möglicherweise widersprechen. Daran erinnert zu werden, ist in Zeiten, in denen die Bedeutung von Zahlen zunimmt und es damit nicht selten zu Verwirrung kommt, durchaus sinnvoll.
Das Versprechen des Klappentextes, wie es mit diesem Wissen gelingen kann, besser mit Hilfe von Statistiken zu streiten, hält das Buch bis auf ein paar Anregungen des Autors allerdings nicht ein. Vielleicht lohnt es sich aber, darüber miteinander ins Gespräch zu kommen.
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