Direkt zum Inhalt

Kompaktes für Physiker

Zu den größten Herausforderungen der Physik zählt, alle fundamentalen Wechselwirkungen zu vereinen. Dieses Buch stellt einen Ansatz hierfür vor.

Seit fast 100 Jahren bemühen sich theoretische Physiker, eine einheitliche Theorie für die gesamte Physik zu finden. Die elektromagnetische, schwache und starke Wechselwirkung lassen sich als Quantentheorie im so genannten Standardmodell der Teilchenphysik vereinigen. Lediglich für die Gravitation ist das bisher nicht gelungen. Der bekannteste Ansatz für die große Zusammenführung sämtlicher fundamentaler Wechselwirkungen ist die Stringtheorie. Daneben gibt es noch den Ansatz der Schleifenquantengravitation, der sich – im Unterschied zur Stringtheorie – dadurch auszeichnet, dass Raum und Zeit selbst quantisierte Größen sind. Der Unterschied zu einer kontinuierlichen Raumzeit macht sich in diesem Modell allerdings nur bei Entfernungen vergleichbar der Plancklänge bemerkbar, also bei etwa 10−35 Meter – das ist ein Wert, der an der 35. Stelle nach dem Komma steht. Und von keinem der beiden Ansätze weiß man, ob sie den richtigen Weg zur großen Vereinigung weisen.

Ein Schaum mit Spins

Die Physiker Rodolfo Gambini von der Universidad de la República in Uruguay und Jorge Pullin von Louisana Sate University in den USA versuchen sich in diesem Buch an einer kurzen Einführung in die Schleifenquantengravitation, jenem Gebiet, auf dem sie beide arbeiten. Gerade einmal 92 kleinformatige, aber groß bedruckte Seiten benötigen sie dafür und spannen dennoch einen weiten Bogen: Nach kurzen Kapiteln über Schwerkraft und Quantentheorie erläutern sie die Konzepte der Schleifenquantengravitation und diskutieren dann deren Vorhersagen hinsichtlich Schwarzer Löcher und anderer kosmologischer Phänomene. Weitere Kapitel handeln von den möglicherweise beobachtbaren Konsequenzen, wenn diese Theorie richtig wäre, und von einer Weiterentwicklung der Theorie, die häufig als »Spin-Schaum« bezeichnet wird.

Das Büchlein ist bislang nur in englischer Sprache erschienen. Vermutlich ist dem Verlag klar, dass es sich an eine kleine, speziell vorgebildete Leserschaft wendet. Um dem Text folgen zu können, sollte man zumindest Grundvorlesungen zur Quantenfeldtheorie im Physikstudium gehört haben. Eine breitere Leserschaft wird eindeutig nicht angesprochen.

Angehenden Doktoranden in der theoretischen Physik bietet das Buch eine kompakte und effiziente Einführung à la »Was steckt hinter dem Schlagwort Schleifenquantengravitation, und wäre das eventuell ein Thema, mit dem ich mich tiefer beschäftigen möchte?« In diesem Sinn kann es gut als Entscheidungshilfe dienen.

Leider ist die Lektüre an manchen Stellen etwas mühsam, denn Gambini und Pullin zitieren Facharbeiten und deren Ergebnisse stets ausgesprochen fair, in dem sie die Namen aller beteiligten Wissenschaftler(innen) nennen. Das macht den Text holprig, denn es bringt Sätze hervor wie: »Autoren A, B und C haben das wichtige Ergebnis erhalten, dass … D, E und F konnten hingegen kurz darauf zeigen, dass …« Insbesondere, wenn die Autoren auf bereits genannte Fakten später noch einmal zurückkommen, ist es oft schwierig, sich an A, B und C zu erinnern und daran, was bei deren Arbeiten der Punkt war. Das hätte sich gewiss auch anders lösen lassen.

Ein echter Fehler hat sich ebenfalls eingeschlichen: Die allgemeine Relativitätstheorie liefert für die Lichtablenkung am Sonnenrand nicht den Wert 1 Grad wie im Buch behauptet, sondern nur etwa 1,8 Bogensekunden, was rund ein 2000stel davon ist. Das ist aber der einzige echte Patzer, der im Werk aufgefallen ist. Und angesichts der vielen Größenordnungen, um die die Effekte der Schleifenquantengravitation zu klein sind, um sich experimentell nachweisen zu lassen, ist der Faktor 2000 wirklich nicht groß.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Klimakonferenz in Trumps Schatten

Am 11. November begann die 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29). Angesichts steigender CO₂-Emissionen und erschöpfter natürlicher Puffer wie Wälder und Ozeane steht die Weltgemeinschaft vor großen Herausforderungen.

Spektrum der Wissenschaft – Vielfältige Quanten

Wir tauchen ein in die Welt der Quanten, die uns noch immer zahlreiche Rätsel aufgibt. Forscher entwickeln ständig neue Modelle und hinterfragen Grundlegendes, wie beispielsweise das Konzept der Zeit. Gleichzeitig macht die Entwicklung neuer Quantencomputer große Fortschritte und könnte unsere Verschlüsselungssysteme bedrohen. Experten arbeiten an neuen Methoden, um unsere Daten zu schützen. Erfahren Sie, wie diese Herausforderungen gemeistert werden und ob Kryptografen den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen können.

Spektrum der Wissenschaft – Was die Welt zusammenhält – Die Entschlüsselung der starken Kernkraft

Die starke Kernkraft bindet Protonen und Neutronen aneinander und führt so zu stabilen Atomkernen. Doch wie groß ist die stärkste aller Kräfte wirklich? Nach jahrzehntelangen Bemühungen haben Physiker den Wert nun berechnet und mit Experimenten verifiziert. Außerdem im Heft: Die Dunkle Energie bewirkt, dass sich unser Universum beschleunigt ausdehnt, gilt aber selbst als konstant. Doch es gibt erste Hinweise, dass sie mit der Zeit schwächer wird. In der Medizin haben die ersten Studien zu mRNA-Impfungen gegen Krebs viel versprechende Ergebnisse. Daneben berichten wir über Papageien, die sich weltweit ausbreiten und sich auch in Deutschland entlang des Rheins wohl fühlen. Was ist das Erfolgsrezept der intelligenten Vögel?

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.