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»Männer, Männlichkeit und Liebe«: Das Leiden der Männer

Die US-amerikanische Aktivistin bell hooks kombiniert eigene familiäre und romantische Erfahrungen mit einer scharfen Analyse gesellschaftlicher Machtstrukturen.

Als 2004 der englische Titel »Men, Masculinity and Love« erschien, konnten viele Väter in Deutschland noch kein Elterngeld beziehen, die gleichgeschlechtliche Ehe war verboten und die #MeToo-Bewegung lag in weiter Ferne. 18 Jahre später kommt eine deutsche Übersetzung auf den Markt. Kann ein knapp zwei Jahrzehnte altes Sachbuch über Geschlechterverhältnisse zeitgemäß sein?

bell hooks (dieses stets kleingeschriebene Pseudonym geht auf den Namen ihrer Großmutter zurück) war eine US-amerikanische Autorin und Aktivistin. In zahlreichen Büchern beschäftigte sich hooks mit den Verschränkungen von Rassismus, Kapitalismus und Patriarchat. Ihre berühmte Beschreibung eines »imperialistischen, kapitalistischen Patriarchats weißer Vorherrschaft« kommt auch in »Männer, Männlichkeit und Liebe« immer wieder zur Sprache.

Die zentrale These des Buchs ist, dass nicht nur Frauen unter dieser Gesellschaftsordnung leiden, sondern auch Männer. »Das Patriarchat verlangt von Männern, dass sie emotional verstümmelt werden und bleiben«, schreibt die Feministin. Die Unterdrückung von Gefühlen sei ein Akt von Gewalt gegen sich selbst und stoße im Leben vieler Betroffener eine Gewalt­spirale an. Nur wenn Männer zu ihren Emotionen finden, könne das Patriarchat überwunden werden. Dafür seien sie aber auf die Hilfe von Frauen ange­wiesen.

Dieser Punkt lag der Intellektuellen besonders am Herzen. Nicht ganz zu Unrecht wurde die feministische Bewegung früher häufig als männerfeindlich dargestellt. hooks kritisiert, dass manche Frauenrechtlerinnen Männer als »das Böse« abstempelten. Die Autorin weist darauf hin, dass diese Meinung vornehmlich von wohlhabenden, weißen Frauen stammte. Da diese häufig hohe gesellschaftliche Positionen bekleideten, konnten sie den Diskurs prägen. Frauen aus armen Arbeiterfamilien hingegen kannten den emotionalen Schmerz ihrer Männer und wussten, wie auslaugend ein schlecht bezahlter Beruf mit langen Arbeitstagen sein kann.

Das Patriarchat als lebensbedrohliche Krankheit

Die sprachgewandte Autorin scheut nicht vor drastischen Beschreibungen zurück. Sie bezeichnet das Patriarchat als »die einzige lebensbedrohliche soziale Krankheit« und spricht von »psychologischer Selbstverstümmelung«, wenn Männer »die emotionalen Teile ihres Selbst abtöten«. Ist man der Schriftstellerin nicht wohlgesinnt, könnte man diese Formulierungen polemisch nennen. Dasselbe gilt für einen gewissen Hang zu Erklärungen, die eher küchen- als tiefenpsychologisch wirken. So erklärt hooks, Jungen verspürten als Teenager »heftige Verachtung und Wut« auf ihre Mütter, weil sie in diesem Alter verstanden hätten, dass ihre Mütter in der Welt außerhalb des eigenen Hauses machtlos sind.

Doch solche fragwürdigen Passagen halten sich in Grenzen. Meist beruft sich hooks auf die Werke von Expertinnen und Experten, darunter der Paartherapeut Terrence Real und die feministische Pionierin Barbara Deming. Aus deren Büchern zitiert sie häufig ganze Absätze, was etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Geschickt verbindet hooks die Analyse gesellschaftlicher Machtstrukturen mit ihren eigenen Erfahrungen. Wüsste man nicht, dass das Buch schon fast 20 Jahre alt ist, es würde bei der Lektüre kaum auffallen. Am Ende bleibt die Frage: Soll man von hooks langlebiger Betrachtung begeistert sein – oder enttäuscht, dass sich seither so wenig verändert hat?

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