Mathematik für Zwischendurch
"Happy-Hour-Häppchen" nennt Christian Hesse seine kurzen, oft nur ein bis zwei Seiten langen Texte, in denen es um die Faszination der Mathematik geht. Der erfolgreiche Mathematiker, Schachspieler und Sachbuchautor bündelt im vorliegenden Werk diverse Beiträge, die er ursprünglich für seinen Mathematikblog bei "Zeit Online" geschrieben hat. Wie kaum ein anderer schafft er es darin, seinen Lesern eine neue, ungewohnte Perspektive auf das Fach zu eröffnen. Es stellt sich heraus: Mathematik ist witzig, unterhaltsam und überaus anregend. Die gut verständlichen "Happy-Hour-Häppchen" eignen sich tatsächlich für Zwischendurch, etwa als Lektüre vor dem Einschlafen oder nach dem Aufstehen.
Unter den behandelten Themen sind Klassiker wie das "Ziegenproblem" oder das "Geburtstagsparadoxon". Letzteres dreht sich um die Frage, warum die eigenen Freunde im Schnitt mehr Kontakte haben als man selbst. Der durchschnittliche Facebooknutzer beispielsweise ist mit 190 "Freunden" vernetzt. Diese haben aber im Durchschnitt je 635 "Freunde". Wen das unzufrieden macht, dem kann die Mathematik helfen. Denn bereits eine einfache Überlegung zeigt: Da es umso wahrscheinlicher ist, mit einer Person befreundet zu sein, je mehr Freunde diese hat, sind gut vernetzte Menschen im Bekanntenkreis eines Nutzers stärker vertreten als solche mit wenigen Kontakten.
Im Geld schwimmen oder im Sarg liegen?
Dass die Wahrscheinlichkeit eines Lottogewinns gering ist, sollte jedem klar sein. Aber wie klein genau? Dies kann man verdeutlichen, indem man jene Wahrscheinlichkeit mit der anderer Ereignisse vergleicht. Die Chance, den Hauptgewinn abzuräumen, ist in etwa so groß wie die, auf dem Weg zur Lottoannahmestelle zu sterben. Einem Menschen, der sich entscheidet mitzuspielen, ist die Lottomillion also ungefähr so sicher wie der Grabstein.
Schon diese wenigen Beispiele zeigen: Mit Mathematik bekommt man einfach mehr Durchblick. Und den vermitteln Hesses Texte mit viel Witz. Es gibt aber auch Passagen, die zum Nachdenken anregen – etwa die Erläuterungen zum ersten Gödel’schen Unvollständigkeitssatz, wonach es Wahrheiten geben kann, die sich nicht beweisen lassen. Zum Beispiel ist die Aussage "Ich bin nicht beweisbar" nur dann wahr, wenn sie nicht bewiesen werden kann.
Hesse wählt interessante mathematische Themen gekonnt aus und setzt sie knapp und humorvoll in Szene. Sein Buch setzt bei den Lesern keine Vorkenntnisse voraus und lässt sich deshalb allen Interessierten empfehlen. Allerdings sollte man sich darauf einstellen, dass der Autor fachlich bisweilen an der Oberfläche bleibt und Begründungen mitunter übergeht.
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