»Klima. Mensch. Geschichte«: Klimaveränderungen damals und heute
Gleich vorweg: Den menschengemachten Klimawandel kleinreden möchten Nadia Durrani und Brian Fagan nicht. Auf diese Idee könnte vielleicht kommen, wer nur die ersten eineinhalb Seiten ihres Buchs »Klima. Mensch. Geschichte« liest. Dort schreiben sie, dass Hungersnöte infolge von Missernten kein reines Problem der Gegenwart sind – schon im alten Ägypten wurden sie gefürchtet, wenn der Nil die Ackerböden nicht mit fruchtbarem Schlamm überschwemmte.
Klimaveränderungen hat es im Lauf der Erdgeschichte zwar immer gegeben, aber nie im gleichen, von Menschen verursachten Ausmaß wie heute. Trotzdem lassen sich manche Anpassungsstrategien früherer Generationen für die Bewältigung der momentanen Krise nutzen, so die Ansicht der Autoren.
Zur Begründung dieser These spannen sie einen sehr weiten Bogen von den letzten 30 000 Jahren, als weite Teile der Welt noch von Eis bedeckt waren, über den Aufstieg und Untergang südamerikanischer Hochkulturen bis zum Beginn der globalen Erwärmung im 19. Jahrhundert infolge der Industrialisierung. Das schiere erdgeschichtliche Wissen, das in dem Buch steckt, beeindruckt.
Geschichte, die sich wiederholt
Dabei ist auffallend, wie oft Klimaveränderungen zum Untergang einst mächtiger Imperien beitrugen. Ob es nun das antike Rom oder das Reich der Maya war: Viele Zivilisationen waren in hohem Maß auf landwirtschaftliche Monokulturen oder natürliche Ressourcen wie Wälder angewiesen, übernutzten diese aber auch. Das machte sie anfällig gegenüber extremen Kälteeinbrüchen, Dürren oder Überschwemmungen.
Traten diese über lange Zeiträume, wiederholt oder mit besonderer Intensität auf, schafften viele der landwirtschaftlich geprägten Zivilisationen es auf Dauer nicht mehr, die herrschenden Eliten und sich selbst zu versorgen – was in der Folge oft zu Spannungen, Kriegen und, vor allem, wenn noch Seuchen wie die Pest oder Cholera hinzutraten, zu erheblichen Bevölkerungsrückgängen führte.
Doch die Menschen waren dem Klima schon damals nicht schutzlos ausgeliefert. Immer wieder entwickelten sie Methoden, um sich den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Dazu zählen Instrumente wie das Nilometer, mit dem im alten Ägypten Überschwemmungen gemessen und vorhergesagt wurden, aber auch der Anbau diverser robuster Pflanzensorten, ein umsichtiges Lagersystem für Vorräte oder die Bildung sozialer Gemeinschaften, um sich gegenseitig in Zeiten des Hungers zu unterstützen.
Es stimmt optimistisch, dass Durrani und Fagan den menschlichen Erfindergeist hervorheben, um zu zeigen, dass auch in Anbetracht der aktuellen Klimabedrohungen eine Kursänderung noch möglich ist – zumal die Menschheit heute über viel präzisere Möglichkeiten verfügt, Klimaänderungen vorherzusagen und ihnen entgegenzutreten.
Die Lehren, die die Autoren aus der Vergangenheit ziehen, sind dabei durchaus eine Überlegung wert: mehr Anpassungen an den Klimawandel auf lokaler Ebene, mehr Kooperationen untereinander statt Konkurrenz um Ressourcen, mehr Beachtung traditionellen Wissens vor allem im Bereich der Landwirtschaft, mit dem Bäuerinnen und Bauern in manchen Regionen der Welt seit Jahrtausenden überleben. Allerdings nehmen diese Vorschläge insgesamt zu wenig Raum in dem 400 Seiten dicken Buch ein und hätten noch stärker diskutiert werden müssen: Wie übertragbar sind traditionelle Anbaumethoden auf andere Gebiete der Erde? Werden Kirchen und Bruderschaften, denen Durrani und Fagan eine Halt stiftende Funktion in Zeiten zunehmender Wetterextreme zusprechen, zumindest in Europa künftig noch eine große Rolle spielen?
Trotz dieser offenen Fragen bleibt »Klima. Mensch. Geschichte« ein lehrreiches Buch, das mit der positiven Botschaft endet, dass die Menschheit auch den aktuellen Klimawandel überleben wird.
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