Physiologische Fakten auf den Punkt
Warum kommen viele Babys zunächst mit blauen Augen auf die Welt, bevor sich diese im Lauf weniger Monate verdunkeln? Wie hängen die Haarfarbe eines Menschen und sein Schmerzempfinden zusammen? Weshalb können manche Lebewesen praktisch unsterblich sein? Wer sich für Fragen wie diese interessiert, wird in diesem Buch Antworten finden, die teils genauso verblüffend wie einfach sind. Die Medizinerin Martine Kahl-Scholz nimmt ihre Leser auf eine Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper mit, die in 15 Abschnitte unterteilt ist.
Die Lektüre vermittelt sowohl Grundlegendes als auch weniger Bekanntes über die Sinnesleistungen wie Riechen, Schmecken oder Sehen. Sie thematisiert auch körperliche Phänomene, die uns im Alltag begleiten, etwa den Schlaf, die Immunabwehr und die Stimmgebung. Im letzten Teil geht es um komplexe Dinge wie das Denken, die Liebe und den Glauben sowie um deren Zusammenspiel mit physischen Vorgängen. In diesem Kontext erläutert die Autorin hochinteressante Untersuchungsergebnisse zum Placebo-Effekt und seinem Gegenpart, dem Nocebo-Effekt. Letzterer führte in einer Studie beispielsweise dazu, dass viele Versuchspersonen sich übergeben mussten, nachdem sie Zuckerwasser getrunken hatten – sie waren der Meinung, sie hätten ein Brechmittel erhalten.
Abwechslungsreiche Gestaltung
Die Kapitel sind ausnahmslos kurz und prägnant und enthalten zugleich viele unterschiedliche Elemente wie Infokästen und erläuternde Grafiken. Kreative Einlässe, etwa eine Anleitung zum Finden des eigenen blinden Flecks auf der Netzhaut, runden das Werk ab. Die Abbildungen sind teils auf Deutsch, teils aber auch auf Latein beschriftet, was Leser ohne entsprechende Vorbildung verwirren dürfte. Der dominierende Fließtext hingegen erweist sich für Laien als gut verständlich. Er kommt mit wenigen Fachbegriffen aus, die zudem in einem Anhang erläutert werden. Mitunter fühlt sich die Lektüre wie ein Auffrischungskurs zum schulischen Biologie-Unterricht an, etwa wenn es um den Aufbau des menschlichen Auges geht. Diese gut aufbereiteten, aber bekannten Inhalte mischt die Autorin gekonnt mit neueren Erkenntnissen und interessanten Fakten, die sie sinnvoll in den jeweiligen Kontext einbindet.
Wegen der Kürze der Darstellung beschränkt sich Kahl-Scholz stets auf wenige Aspekte. Man könnte noch vieles hinzufügen, beispielsweise hinsichtlich der biologischen Ursachen für das Altern und der aktuellen Bestrebungen, diesen Prozess aufzuhalten. Spannende Themen wie diese reißt die Autorin oft nur soweit an, wie es auf ein bis zwei Seiten möglich ist.
Bei aller Gedrängtheit legt die Autorin großen Wert auf wissenschaftliche Korrektheit. Wann immer die Faktenlage es zulässt, scheut sie vor Schlussfolgerungen und Verhaltensempfehlungen nicht zurück – etwa in Bezug auf den Einsatz von Schlafmitteln. Da diese den Tiefschlaf stören, sollten sie mit Bedacht konsumiert und nicht auf Dauer eingenommen werden, rät Kahl-Scholz. Umsicht sei auch beim Umgang mit Schmerzmitteln geboten, von denen jeder Bundesbürger jährlich 40 Exemplare verschrieben bekomme – denn auch diese könnten ernste Nebenwirkungen haben. Insofern dient das Buch zusätzlich als kleine Orientierungshilfe für den Umgang mit dem eigenen Körper, dem man nach der Lektüre vielleicht mit ein wenig mehr Achtung begegnet.
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