»Menschen im Weltraum«: Pioniergeist und Opferbereitschaft
Wie man sich wohl so als Astronaut fühlt, wenn nur knapp unter dem Sitz tonnenweise explosives Material darauf wartet, entzündet zu werden, um einen ins Weltall zu katapultieren? Dazu kommt: Man hat nicht die leiseste Ahnung, ob die Technik, die einen schützen soll, überhaupt funktioniert.
Einer, der sich der Gefahren sicher bewusst war, war der russische Kosmonaut Juri Gagarin. Er war der erste Mensch, der bis in den Weltraum vorstieß und sicher zur Erde zurückkehrte. Sein Bericht an seine Vorgesetzten, der bis in die höchsten politischen Sowjetkreise gelangte, war im damaligen Stil der 60er Jahre optimistisch und positiv. Gagarin wusste, was man von ihm hören wollte. Dennoch konnte man zwischen den Zeilen überall kleine Hinweise herauslesen, die das wahre Ausmaß seiner Sorgen und Befürchtungen zeigten. An vielen Stellen beschreibt er sogar mehr oder weniger verklausuliert, wie viele Pannen es während seines Trips ins Weltall gab.
Das Risiko, ja sogar die Opferbereitschaft der Weltraumpioniere war enorm, schreibt Eugen Reichl in seinem Buch »Menschen im Weltraum«. Heute wäre es undenkbar, Menschen diesen Gefahren bewusst auszusetzen. Reichl dürfte wissen, wovon er spricht. Er war selbst Mitarbeiter eines Raumfahrtunternehmens, das Trägerraketen und Raumfahrtantriebe produzierte.
In seinem Buch erzählt Reichl die Geschichte, wie die Menschheit den Weltraum erobert. Ein Großteil des Buches spielt sich in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ab. Hier war man erstmals technologisch in der Lage, an die Grenzen der Erdatmosphäre vorzustoßen. Reichl stellt die konkurrierenden Raumfahrtprogramme der Sowjetunion und der USA vor. Er erzählt von den Menschen, die die Technik entwickelt haben, genauso wie von den Piloten, die sich todesverachtend in die Prototypen der Raumschiffe ins Weltall vorgewagt haben. Viele Missionen werden sehr detailliert vorgestellt, so dass man sich als Leser leicht hineinversetzen kann in die brenzligen Situationen, wie sie damals in den engen Raumschiffen und den unbequem starren Raumanzügen geherrscht haben müssen. Zahlreiche Abbildungen helfen dabei, einen lebendigen Gesamteindruck von der Pionierzeit der bemannten Raumfahrt zu bekommen. Ebenso lesenswert stellt der Autor im Anschluss das Shuttleprogramm der USA sowie die internationalen Raumstationen Mir und ISS vor.
Neben den bahnbrechenden historischen Begebenheiten geht Eugen Reichl am Ende seines Buches auf die aktuelle Lage der bemannten Raumfahrt ein. Das Geschäft verlagert sich zunehmend hin zu privaten Firmen, die zahlende Kunden, darunter auch Astronauten, in den Orbit und zu Weltraumstationen befördern. Eines wird dabei ziemlich deutlich: So sehr man sich auch bemüht, den Weltraum zu erobern, bis heute ist man kosmisch gesehen noch nicht sehr weit von der Erde weggekommen. Es gibt doch ganz schön viele Hindernisse dabei, weiter in die Tiefen des Weltraums vorzudringen, angefangen bei der tödlichen Partikelstrahlung über die Treibstoffknappheit bis hin zur Versorgung der Weltraumreisenden auf langen Exkursionen.
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