Buchkritik zu »Menschen, Seuchen und Mikroben«
"I had a birdy, his name was Enza. I opened the window, and in flew Enza" – beliebter Kinderreim während der Grippe-Pandemie 1918 (aus The Scientist 18/1, 2004).
Vogelgrippe, Sars, MKS und BSE – jeder kennt inzwischen diese Begriffe. Aber weiß auch jeder, was dahinter steckt und wie diese Infektionen einzuordnen sind?
In kurzen Abständen wird die Öffentlichkeit durch immer neue Meldungen aufgeschreckt und verunsichert. Das Gute daran ist, dass so allen immer wieder bewusst wird, dass Infektionskrankheiten auch heute noch eine bedeutende Rolle spielen. In der verständlichen Aufregung wird aber leicht übersehen, dass die eigentlichen Bedrohungen oft woanders liegen: Während an der Vogelgrippe bis Mitte März 2004 weltweit rund 150 Menschen erkrankten, von denen 30 starben, fordert die fast jedes Jahr auftretende "echte" Influenzavirus-Grippe allein in Deutschland jedes Mal zwischen 5 000 und 20 000 Todesopfer, was aber offenbar als normal hingenommen wird.
Diese und andere Schieflagen der öffentlichen Wahrnehmung beruhen sicher zu einem erheblichen Teil auf einem Mangel an fundierter Kenntnis.
Dem abzuhelfen, ist das Anliegen des Buches von Jörg Hacker, einem renommierten Infektiologen. Kompetent und kompakt stellt es die heutige Lage auf dem Gebiet mikrobieller Infektionen dar, erklärt die molekularen Grundlagen und modernen Forschungsansätze. Eingegangen wird auf die spannende Frage, in wie weit Krebs, Herzinfarkt und die Alzheimersche Krankheit durch Mikroben verursacht sein könnten – für das bei der Hälfte der Weltbevölkerung zu findende Bakterium Helicobacter pylori ist ein Zusammenhang mit Magenkrebs bereits nachgewiesen. Weitere Kapitel behandeln einige der großen Geißeln der Menschheit wie Darm- und Atemwegsinfektionen, Tuberkulose und Malaria.
Nicht unerwähnt bleibt, dass schlechte sozio-ökonomische Bedingungen eine ebenso große Rolle für die Häufigkeit und Ausbreitung von Infektionen spielen können wie die Aggressivität der Mikroben, beispielsweise das Fehlen sauberen Trinkwassers in weiten Teilen der Erde. Auch die dramatische Entwicklung der Aids-Epidemie weltweit, mit katastrophalen sozialen und wirtschaftlichen Folgen, kommt im Buch nicht zu kurz.
Themenauswahl und Problemdarstellung sind ausgewogen und keineswegs auf die reichen Industrienationen beschränkt, wobei auch die dort wichtigen Aspekte den gebührenden Platz erhalten. Dies betrifft beispielsweise in Deutschland fast eine Million Krankenhausinfektionen pro Jahr sowie die damit zusammenhängende Problematik zunehmender Antibiotikaresistenzen und die enorme Zahl von Harnwegs- und Durchfallerkrankungen. Dem Missbrauch mikrobieller Krankheitserreger als Biowaffen ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Nachdenklich macht auch der Abschnitt über die traditionelle Benutzung infektiologischer Begriffe zur sprachlichen Diskriminierung missliebiger gesellschaftlicher Gruppen und Nachbarvölker.
Trotz aller Bemühung um einfache Darstellung ist die Zielgruppe dieses Buches wohl nicht der sprichwörtliche "Normalverbraucher", dazu ist die Materie zu komplex. Wer jedoch über etwas biochemisch-molekularbiologische Grundkenntnis verfügt, wird dieses gelungene Werk mit Gewinn lesen. Und auch der (Mikro-)Biologe anderer Spezialrichtung hat Gelegenheit, hier sein Wissen rasch aufzufrischen, denn – mal ehrlich – welcher Naturwissenschaftler kann das überblicken, was sich in den weiteren Fachgebieten tut?
Vogelgrippe, Sars, MKS und BSE – jeder kennt inzwischen diese Begriffe. Aber weiß auch jeder, was dahinter steckt und wie diese Infektionen einzuordnen sind?
In kurzen Abständen wird die Öffentlichkeit durch immer neue Meldungen aufgeschreckt und verunsichert. Das Gute daran ist, dass so allen immer wieder bewusst wird, dass Infektionskrankheiten auch heute noch eine bedeutende Rolle spielen. In der verständlichen Aufregung wird aber leicht übersehen, dass die eigentlichen Bedrohungen oft woanders liegen: Während an der Vogelgrippe bis Mitte März 2004 weltweit rund 150 Menschen erkrankten, von denen 30 starben, fordert die fast jedes Jahr auftretende "echte" Influenzavirus-Grippe allein in Deutschland jedes Mal zwischen 5 000 und 20 000 Todesopfer, was aber offenbar als normal hingenommen wird.
Diese und andere Schieflagen der öffentlichen Wahrnehmung beruhen sicher zu einem erheblichen Teil auf einem Mangel an fundierter Kenntnis.
Dem abzuhelfen, ist das Anliegen des Buches von Jörg Hacker, einem renommierten Infektiologen. Kompetent und kompakt stellt es die heutige Lage auf dem Gebiet mikrobieller Infektionen dar, erklärt die molekularen Grundlagen und modernen Forschungsansätze. Eingegangen wird auf die spannende Frage, in wie weit Krebs, Herzinfarkt und die Alzheimersche Krankheit durch Mikroben verursacht sein könnten – für das bei der Hälfte der Weltbevölkerung zu findende Bakterium Helicobacter pylori ist ein Zusammenhang mit Magenkrebs bereits nachgewiesen. Weitere Kapitel behandeln einige der großen Geißeln der Menschheit wie Darm- und Atemwegsinfektionen, Tuberkulose und Malaria.
Nicht unerwähnt bleibt, dass schlechte sozio-ökonomische Bedingungen eine ebenso große Rolle für die Häufigkeit und Ausbreitung von Infektionen spielen können wie die Aggressivität der Mikroben, beispielsweise das Fehlen sauberen Trinkwassers in weiten Teilen der Erde. Auch die dramatische Entwicklung der Aids-Epidemie weltweit, mit katastrophalen sozialen und wirtschaftlichen Folgen, kommt im Buch nicht zu kurz.
Themenauswahl und Problemdarstellung sind ausgewogen und keineswegs auf die reichen Industrienationen beschränkt, wobei auch die dort wichtigen Aspekte den gebührenden Platz erhalten. Dies betrifft beispielsweise in Deutschland fast eine Million Krankenhausinfektionen pro Jahr sowie die damit zusammenhängende Problematik zunehmender Antibiotikaresistenzen und die enorme Zahl von Harnwegs- und Durchfallerkrankungen. Dem Missbrauch mikrobieller Krankheitserreger als Biowaffen ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Nachdenklich macht auch der Abschnitt über die traditionelle Benutzung infektiologischer Begriffe zur sprachlichen Diskriminierung missliebiger gesellschaftlicher Gruppen und Nachbarvölker.
Trotz aller Bemühung um einfache Darstellung ist die Zielgruppe dieses Buches wohl nicht der sprichwörtliche "Normalverbraucher", dazu ist die Materie zu komplex. Wer jedoch über etwas biochemisch-molekularbiologische Grundkenntnis verfügt, wird dieses gelungene Werk mit Gewinn lesen. Und auch der (Mikro-)Biologe anderer Spezialrichtung hat Gelegenheit, hier sein Wissen rasch aufzufrischen, denn – mal ehrlich – welcher Naturwissenschaftler kann das überblicken, was sich in den weiteren Fachgebieten tut?
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