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»Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen«: Über die Natur nachdenken

Was ist überhaupt »Natur«? Barbara Frischmuths Buch zeigt, wie verschieden der Begriff in Alltag, Literatur, Kultur und Wissenschaft genutzt wird.
Wasserfall im Moran State Park, USA

Die Schriftstellerin Barbara Frischmuth ist durch ihre Romane und Theaterstücke bekannt; als leidenschaftliche Gärtnerin denkt sie aber auch über die Natur nach. In ihrem aktuellen Buch, das in der Reihe »Unruhe bewahren« des Residenz Verlags erschienen ist, fasst sie zwei Vorträge zum Thema Umwelt zusammen. Ihre Gedanken über den Zusammenhang zwischen Natur und Kultur sind keine rein wissenschaftliche Auseinandersetzung, vielmehr möchte die Autorin in dem Essay illustrieren, wie Natur im Alltag, in der Wissenschaft sowie in der Literatur und Kultur zur Sprache kommt.

Was ist Natur?

Das Verhältnis des Menschen zur Natur steht hierbei im Mittelpunkt. Der Begriff erscheint unübersichtlich, es ist nicht ganz klar, was wir meinen, wenn wir von »der Natur« sprechen. Ist sie immer nur als Gegensatz zu technisch und kulturell zu verstehen? Sind es ihre Kräfte, die zu Erdrutschen und Überschwemmungen führen? Zeigt sie sich in der farbenfrohen Herbstlandschaft?

In der Romantik (um das Jahr 1800) war die Liebe zur Natur immer durch Pflanzen, Tiere, Landschaften und den Dingen, die unbelebt ohne menschliches Zutun einfach da waren, definiert. In den letzten zwei Jahrhunderten stießen Veränderungen durch die Industrialisierung, Technifizierung und Digitalisierung einen massiven Umbau unseres Lebens sowie unserer Umwelt an, dessen Auswirkungen wir unter anderem an der globalen Klimakrise direkt erleben.

Der französische Philosoph Michel Serres (1930–2019) erklärte, wir Menschen würden die Dinge aus der Natur in Waren und Fetische verwandeln und die Erde dadurch auch physisch verändern. Diese Entwicklung reicht von der Agrarwirtschaft über die Industrialisierung bis zur Atombombe, die zu enormen Änderungen beiträgt.

Wie Frischmuth hervorhebt, dürfen wir auch längerfristige Veränderungen, wie sie beispielsweise in der Geologie durch Erosion ablaufen, nicht vergessen. Leider spiele diese in der Allgemeinbildung kaum eine Rolle, und Spezialisten des Fachs würden sich weniger um historische Fakten kümmern als vielmehr zu »Ressourcenjägern« ausgebildet. Auf einer globalen Skala sind aber viele Prozesse miteinander verbunden: Die CO2-Belastung und der Raubbau an natürlichen Ressourcen führen dazu, dass sich vieles ändert. Wenn der natürliche Ausgleich zerstört wird, kommt es zu drastischen Veränderungen. Der Klimawandel mit Dürreperioden in Afrika und weltweiten Überschwemmungen, das Artensterben oder die Verschmutzung der Meere sind keine zufälligen Naturereignisse.

Die Autorin spannt einen weiten Bogen von Erkenntnissen, angefangen bei indigenen Völkern, die ihren Alltag noch heute wie vor tausenden Jahren leben, über die sehr langfristigen Entwicklungen der Geologie und des Klimas, welche die Lebensräume fortwährend umgestalten. Sie spricht dabei auch die modernen technischen Veränderungen an, welche die Industriegesellschaft mit sich gebracht hat. Sieht man sich das Spektrum an Ideen an, gewinnt man einen Eindruck von der Komplexität der Frage, was Natur eigentlich ist.

Zusammenfassend meint Barbara Frischmuth zu Recht, es sei ein Irrtum, dass »wir Menschen glauben, alles wissen zu können – ein Blick auf Google, schon steht alles geschrieben da«. Das vorliegende Buch zeigt, wie verschieden der Begriff »Natur« in Alltag, Literatur, Kultur und Wissenschaft ist, und bietet auf nur 73 Seiten eine anregende und bereichernde Lektüre.

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