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»Nie gut genug«: Im Hamsterrad der Selbstoptimierung

So etwas wie gesunden Perfektionismus gibt es laut Thomas Curran nicht. Warum das Streben nach dem Optimum uns mehr schadet als hilft, erläutert er gekonnt.
Gestresste Mutter mit Baby

Nach Perfektion zu streben und sich selbst beziehungsweise sein Leben ständig zu optimieren, gehört heutzutage beinahe zum guten Ton – ist aber alles andere als gesund. Thomas Curran erläutert in seinem Buch, warum das so ist. Dazu beruft er sich auf Erkenntnisse aus der Forschung, erläutert Fallgeschichten und bringt auch eigene Erfahrungen ein. An der London School of Economics and Political Science hat er sich intensiv der Forschung zum Perfektionismus gewidmet und Daten von mehr als 40 000 Studierenden analysiert, die zwischen 1988 und 2016 Fragebögen bezüglich ebenjener Eigenschaft ausgefüllt haben. Dabei stellte sich heraus, dass der Perfektionsdruck in den letzten Jahren rasant zugenommen hat. Curran, der sich selbst als Perfektionist bezeichnet, macht sich daher in seinem Buch auf eine umfassende Spurensuche zu den Auswirkungen und Ursachen des wachsenden Optimierungsbedürfnisses.

Vorab erläutert er die aus der Forschung von Paul L. Hewitt und Gordon L. Flett bekannten drei Arten des Perfektionismus: selbstorientierter, fremdorientierter und sozial vorgeschriebener Perfektionismus. Korrelationsstudien zeigen, dass diese drei Facetten mit unterschiedlichen psychischen Problemen und Störungen zwischenmenschlicher Beziehungen assoziiert sind. Selbstorientierter Perfektionismus kann mit Depressionen, Ängsten und Magersucht einhergehen, fremdorientierter mit einem Rachebedürfnis, mit Geltungssucht und einer geringen Bereitschaft, sich an soziale Normen zu halten; sozial orientierter mit Einsamkeit, Zukunftssorgen, instabilen Beziehungen, schlechterer Gesundheit und einem geringen Selbstwertgefühl. Die Form des sozial vorgeschriebenen Perfektionismus bereitet Forschern das meiste Kopfzerbrechen, denn sie ist auch in höherem Maß als die anderen Arten des Perfektionismus mit Selbstmordgedanken assoziiert. Die Betroffenen glauben, dass die Gesellschaft Meisterleistungen von ihnen erwartet, und knicken im schlimmsten Fall unter diesem Druck ein.

Optimierungswahn und falsche Scham

Doch woher kommt dieser Glaube? »Die Kultur ist die Übeltäterin«, behauptet Curran und unterstützt damit die Position der Psychologin Karen Horney, die bereits ab den 1930er Jahren in New York die negativen Auswirkungen einer konkurrenzorientierten, individualistischen Kultur auf die Psyche beobachtete. Immer wieder vermittelt Curran den Leserinnen und Lesern, dass diese Konsumkultur am zunehmenden Optimierungswahn schuld sei. Denn sie funktioniere nach dem Motto »höher, schneller, weiter« und provoziere Vergleiche mit dem Lebensstil anderer, bei denen man meist den Kürzeren ziehe – und sich schließlich schäme. Um diese Scham zu überwinden, könne man dann nur eines tun: sich noch mehr anstrengen. Ein Teufelskreis, dem es zu entrinnen gilt.

Curran präsentiert Faktenwissen, das er mit Anekdoten anreichert, und erklärt seine eigene Forschung so anschaulich, dass er mit seinem Buch eine breite Leserschaft anspricht. Ein kurzer Fragebogen zur Selbsteinschätzung sowie Tipps dazu, wie man dem Perfektionismus entkommen kann, runden das Werk ab und verleihen ihm zusätzliche Praxisnähe. Eine empfehlenswerte Lektüre – und mehr als gut genug.

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