»Peter Wohllebens Schule des Waldes«: Den Wald mit allen Sinnen erleben
Natur- und Tierfreund, Umweltaktivist, Waldexperte und Bestsellerautor. An Peter Wohlleben führt beim Thema Wald kein Weg vorbei. Dabei ist der ehemalige Förster nicht unumstritten: Während die einen ihn mit Blick auf sein wohl bekanntestes Buch »Das geheime Leben der Bäume« (Ludwig Verlag, 2015) dafür loben, dem Wald die Seele zurückgegeben zu haben, attestieren ihm andere, das Thema zu sehr zu emotionalisieren und so die Grenze zwischen Fakten und Mutmaßungen zu verwischen. Ist die teils harsche Kritik vielleicht der Grund dafür, dass Wohlleben zuletzt vor allem Kinderbücher über den Wald und seine Bewohner geschrieben hat? Tatsache ist, dass seine Vorliebe für Metaphern und fürs Geschichtenerzählen bei der Wissensvermittlung für eine junge Zielgruppe ein echter Vorteil ist.
»Peter Wohllebens Schule des Waldes« richtet sich an Kinder ab vier Jahren und versteht sich zum einen als immergrünes Nachschlagewerk – noch mehr aber als Leitfaden für aktive und lehrreiche Expeditionen in die Welt des Waldes. Kindergartenkinder brauchen dabei sicher noch die Begleitung von Erwachsenen. Ältere Kinder und Grundschullehrer freuen sich über die umfangreiche Sammlung an Basiswissen, aber auch über die verblüffenden Fakten zum Leben im und mit dem Wald.
In drei großen, gut strukturierten Kapiteln widmet sich Peter Wohlleben Bäumen und Pflanzen, Tieren sowie dem Entdecken des Waldes. Ein übersichtliches Layout sorgt für Wiedererkennungseffekte und schnelle Orientierung. Auf jeder Doppelseite erwartet uns die gleiche Optik: Eine Seite füllt immer ein atmosphärisches Naturfoto mit kleinem Begleittext unter der Überschrift »Grünes Wissen«. Darin erzählt Wohlleben kleine Geschichten, informiert, überrascht mit Funfacts oder kuriosen Detailinformationen. Auf der gegenüberliegenden Seite führt der Autor jeweils kurz ins Thema ein, bevor es mit dem Slogan »Heute auf Peters Stundenplan« handfest, experimentell oder abenteuerlich weitergeht. Schließlich sollen die Kinder ja vor allem das Gelernte anwenden und im Wald auf Entdeckungstour gehen.
Wissensvermittlung und kreative Gestaltung
Die Idee ist überzeugend: Es geht ums sinnliche Erfahren von Natur, um das Verstehen größerer Zusammenhänge und darum, respektvoll, aber entspannter als sonst oft empfohlen mit Natur und Bäumen umzugehen. Etwa beim Essen von Baumblättern (garantiert nicht giftig: Fichten, Eichen oder Buchen) oder der Idee, daraus einen leckeren Salat zu machen; einen »Baumfreund« im Wald oder sonst wo zu finden und ihn regelmäßig zu besuchen, um so seine Veränderung durch die Jahreszeiten mitzuerleben; oder querfeldein durch den Wald zu streifen: »Stört das nicht die wilden Tiere? Ja, das könnte sein. Aber das macht kaum jemand – und deshalb ist es vollkommen in Ordnung, wenn ihr das mal ausprobiert.« Ex-Förster Wohlleben weiß, wovon er spricht.
Neben den Wald-Basics über den Baumaufbau und das Baumwachstum geht es auch um Skurriles aus dem Tierreich, vermittelt im für Wohlleben so typischen Sound. Warum der Schmetterling »Schwalbenschwanz«, der mit seinen Füßen »riecht«, auf Pflanzenblättern herumtrampelt? »Er ist dann nicht wütend! Er will nur herausfinden, ob die Blätter seinen Kindern schmecken würden, wenn er auf einer Pflanze seine Eier ablegt.«
Bei den vielen Fakten ist eine gelungene Gestaltung umso wichtiger. Dafür zeichnet die Grafikerin und Illustratorin Isabel Große Holtforth verantwortlich. Passend zum Thema taucht sie jede Doppelseite in eine stimmige Farbwelt – Beigebraun passend zum Holzthema, Nadelgrün für den Baumaufbau oder Samtblau für den Wald in der Nacht. Sparsam setzt sie Collagetechnik ein, dafür umso wirkungsvoller: Kleine grafische Elemente überlagern Fotos, comicartige Zeichnungen unterbrechen den Text oder interagieren mit eingeklinkten Fotos. Pointiert gezeichnete Figuren, Tiere und Symbole sorgen für zusätzlichen Witz und noch mehr Aufmerksamkeit fürs Detail.
Nach über 70 Seiten wissen junge Leser auch mehr über den Zustand des Waldes, der unter Trockenheit, Umweltschäden, Monokulturen und Schädlingen leidet. Doch Peter Wohlleben entlässt die Kinder dennoch mit einer positiven Note aus seinem Buch und bittet sie um Hilfe für den Wald: Er regt an, jede Menge Eicheln und Bucheckern zu sammeln und sie auf Kahlschlagflächen zu werfen. »Der Wald kommt dann zurück! Er kann sogar viel besser als vorher werden.« Möge die Botschaft auf viele kleine und große offene Ohren treffen.
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