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Wosch!! Getunnelt

Zwei ineinander verknallte Elementarteilchen treiben in ihrer Gondel ganz romantisch auf den Quantentunnel der Liebe zu. Unterdessen liegt Neutrino wieder mal auf der Couch beim Psychiater und klagt über Identitätsstörungen. Und die Teilchen in der Bar ums Eck flirten hemmungslos miteinander, obwohl sie schon mit anderen verschränkt sind.

So sieht die Welt von "Quirky Quarks" aus, einem Physikbuch, das zum Teil aus Cartoons besteht. Geschrieben und gezeichnet haben es drei Autor(inn)en: Der Experimentalphysiker und Science Slammer Boris Lemmer, der theoretische Physiker Benjamin Bahr und die kanadische Cartoonistin Rina Piccolo. Ihnen ist es überzeugend gelungen, Physik witzig zu vermitteln und ihr eine gewisse Leichtigkeit zu geben.

Mit dem Stift veranschaulicht

In jedem Kapitel bekommen die Leser einen seitenfüllenden Cartoon präsentiert, auf den darauf folgenden Seiten dann viele kleine, liebevolle Kritzeleien. Manchmal dienen diese nur zur Auflockerung, manchmal machen sie Dinge anschaulich, die im Text erklärt werden. Auf jeder Seite ist etwas Neues zu entdecken – oft Witziges, das sich durch nerdigen Humor auszeichnet. Doch die wirkliche Stärke des Werks liegt in seinem Text.

Offensichtlich haben die Autoren Themen ausgewählt, die sie selbst spannend finden und/oder an denen sie arbeiten. Im Vordergrund stehen Quanten- und Astrophysik, gespickt mit ein bisschen Sciencefiction. Lemmer & Co. erörtern unter anderem die Supersymmetrie, die Quantenverschränkung und die Theorie des Warp-Antriebs. "Abgefahrener" Stoff also, der viel spannender ist als das, was man aus der Schulphysik kennt.

So löst sich das Werk auch von der häufig praktizierten Methode, erst die fachlichen Fundamente zu vermitteln (meist eher dröge) und dann auf die Auswirkungen beziehungsweise Anwendungen (oft spannender) einzugehen. Die Autoren richten ihren Blick etwa zuerst auf Polarlichter, um sich danach dem allgemeineren Thema elektromagnetische Strahlung zu widmen. Und sie haben keine Scheu davor, ihre Leser mit quantenphysikalischen Effekten zu konfrontieren, obwohl sie diese erst viel weiter hinten ausführlich erklären. Das alles funktioniert erstaunlich gut, ohne zu verwirren. Wer doch einmal vor oder zurück blättern muss, kann das dank der Querverweise zwischen den Kapiteln problemlos tun.

Surfen auf zehn Dimensionen

Die Autoren schlagen bei ihren Erläuterungen einen kumpelhaften, aber respektvollen Ton an. Die Begriffe, mit denen sie schwer vermittelbare Phänomene umschreiben, nehmen den Lesern Berührungsängste: Da werden Feynman-Diagramme zu "Teilchengekritzel" und Gravitationswellen zum "Surfen in der Raumzeit". Auf das Ausschreiben von Formeln verzichten Lemmer, Bahr und Piccolo; lieber machen sie deutlich, was die Formeln bedeuten – wodurch man umso besser nachvollziehen kann, warum die Mathematik so wichtig für Physiker ist. Trotz alledem ist "Quirky Quarks" ein anspruchsvolles Sachbuch. Zwischen den zehn Dimensionen der Stringtheorie und dem nicht-intuitiven Verhalten der Elementarteilchen, zwischen Quarks und Leptonen kann einem schon mal der Kopf rauchen.

In Wort und Bild vermittelt dieses Werk ernsthafte Physik, trägt sie allerdings mit Leichtigkeit, Begeisterung und Humor zum Publikum. Von dem Band können sicherlich alle einschlägig Interessierten profitieren: ob Studenten, die ihrer Vorlesung gerade nicht ganz folgen können; ob Dozenten, die um eine verständliche Darstellung ringen; oder physikbegeisterte Laien, die mehr Durchblick bekommen möchten.

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