Tagebuch eines Schlaflosen
Anders Bortne kann nicht schlafen. Seit 16 Jahren leidet der Autor und Musiker unter Insomnie. In seinem Buch lässt er uns an seinem Alltag als Schlafloser sowie der Suche nach Heilung teilhaben. Gleich zu Anfang stellt er klar: Dies ist kein Ratgeber. Vielmehr möchte er anderen Betroffenen eine Idee davon geben, wie es anderen schlaflosen Menschen ergeht. Doch »all die anderen« sollen ebenso erreicht werden. Herausgekommen ist eine Art Tagebuch, dessen Schilderungen zum Teil schmerzhaft intensiv sind – von unzähligen durchwachten Nächten, der resultierenden Kraftlosigkeit, der Reizüberflutung und der extremen Überforderung, dabei seinem Job, anderen Menschen und vor allem seiner Familie gerecht werden zu müssen.
Ein chronisch Schlafloser fällt quasi aus der Welt. Vieles von dem, was für andere selbstverständlich, mühelos oder gar schön ist, wird für ihn zur schieren Last: »Morgens ist es immer am schlimmsten, besonderes an den Wochenenden. Der Tag liegt vor mir wie etwas Unerträgliches, durch das ich durchmuss und das kein Ende nehmen will.« Für Anders Bortne ist es ein ständiges Auf und Ab zwischen Resignation und Hoffnung. Nur eine gute Nacht kann bei ihm geballte Euphorie auslösen: »Als ob eine Lampe angeschaltet wird, deren Licht mir hilft, all das zu sehen, was mein Leben ausmacht.«
Der Autor nimmt den Leser mit auf seine persönliche Odyssee auf der Suche nach den Ursachen und einer Heilung – angefangen bei Schlafmitteln bis hin zu Alkohol, Kräutertee, Yoga, Akupunktur und hilflosen Ärzten.
Immer wieder streut er allerhand Wissenswertes über den Schlaf ein und darüber, was mit Körper und Kognition passiert, wenn er uns fehlt. Das Buch ist zugleich ein eindringlicher Appell an uns, den Schlaf wertzuschätzen. Denn noch immer gilt wenig Schlaf als etwas Tugendhaftes. Bortne ergründet, woher diese Haltung kommt, und liefert einen historischen Abriss über die Schlafkultur der letzten Jahrhunderte. Das alles ist sehr eindringlich, faszinierend und unterhaltsam geschrieben.
Die ultimative Lösung gibt es nicht
Doch leider hat das Werk ein großes Manko. Es erfüllt nicht das große Versprechen des Buchcovers, nämlich dass am Ende mit einer ultimativen Lösung aufgewartet wird. Bortne kommt ihr zwar nah, wird jedoch nicht geheilt. Er selbst macht daraus keinen Hehl und schreibt gleich zu Anfang: »Dieses Buch wurde von jemandem geschrieben, der selbst viele Jahre lang an Schlaflosigkeit gelitten hat – und immer noch schlecht schläft.« Anscheinend wurde diese Botschaft vom Verlag zu Gunsten der besseren Vermarktung geopfert. Das ist gerade für Betroffene enttäuschend und ärgerlich.
Statt einer praktischen Lösung hat der Autor am Ende dann noch ein paar Tipps parat, wie man besser mit ernsthaften Schlafstörungen umgehen kann. Letztendlich gehe es darum, trotz Schlaflosigkeit sein Leben zu leben – selbst wenn das sehr schwer fällt.
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