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Ehrlich, mutig, berührend

Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen offenbaren ihr Innenleben.

»Seelenleben« ist ein ungewöhnliches Buch. Ein ungewöhnlich gutes. Es lässt Kinder und Jugendliche selbst zu Wort kommen, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf oder in einer ambulanten Psychotherapie behandelt werden. Und wer könnte ihr Seelenleben treffender beschreiben als sie selbst? 20 von ihnen öffnen sich und berichten in ihren Texten von sich und ihrem Leben. Mit ehrlichen Sätzen wie »Wichtig über mich ist eigentlich nichts«, »Ich habe Angst davor, dass (…) ich an dem Punkt stehen bleibe, an dem ich bin« oder »Bei uns sind die Vater-Kind-Rollen vertauscht, und ich muss mich mehr um ihn kümmern als er sich um mich«. Es geht um Gewalt in der Familie, um Mobbing, sexuellen Missbrauch, Enttäuschungen, Selbstzweifel und Verluste, aber auch um eigene Fähigkeiten, Träume, Ressourcen und Zukunftspläne.

Schritt vor die Kamera | Bei einem Fotoshooting in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie durften sich junge Menschen mit all ihren Gefühlen zeigen.

Auf jede Momentaufnahme aus der Feder der Kinder und Jugendlichen antwortet der Autor Michael Schulte-Markwort in einem Brief. Er war bis 2020 ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Der Kinder- und Jugendpsychiater schreibt wertschätzend, auf Augenhöhe, aber auch ohne zu beschönigen. Etwa wenn er der 14-jährigen Dana, die seit mehr als acht Monaten auf Station ist, verdeutlicht: »Solange du uns aber als Feinde wahrnimmst, die ein paar Kilo in dich hineinpressen möchten, haben wir alle verloren. Wir verlieren dich, du verlierst deinen Körper und am Ende auch dein Leben und deine Seele.«

Bin ich nach einer Therapie wieder gesund?

Das Buch lebt auch von seiner Bebilderung. Von den Porträtaufnahmen der Kinder und Jugendlichen, die sie »sichtbar machen«, wie es eine der Patientinnen ausdrückt. Sie sind bei einem Shooting mit der Fotografin Nina Grützmacher entstanden. Rote Kästen vermitteln Wissen über die Krankheitsbilder wie Schulabsentismus, Magersucht, Verwahrlosung, Selbstverletzung, Gaming- und PC-Sucht. Nebenbei lernt man, warum man zum Beispiel lieber von Unbewusstem und nicht von Unterbewusstsein sprechen sollte. Blaue Kästen geben Antworten auf Fragen wie »Woran merke ich, dass ich Hilfe brauche?«, »Wie und wo bekomme ich Hilfe?« und »Bin ich nach einer Therapie wieder gesund?«. Eine Liste mit Beratungsstellen findet sich auf der letzten Umschlagseite.

Dem Werk gelingt es, mit Leichtigkeit, aber ohne zu verharmlosen über schwierige Themen zu sprechen. Es macht deutlich, dass häufig viel passieren muss, bis Kinder und Jugendliche Hilfe bekommen. Und es soll Mut machen: Anderen ergeht es ganz ähnlich. Ich bin liebenswert. Und ich kann lernen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

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