Wohlwollen statt Egotrip
Der Philosoph Wilhelm Schmid ist bekannt für seine Bücher zu populären Themen wie Gelassenheit, Glück, Sinn und Liebe. In seinem neuesten Werk widmet er sich der Selbstfreundschaft. Es geht dabei dem Autor zufolge um eine Haltung zum eigenen Ich, die gute Zeiten schöner und Krisen erträglicher macht. Bewusst ruft er zu einer Abkehr von der allseits propagierten Selbstliebe auf, denn diese schlage allzu schnell in eitlen Narzissmus um. Vielmehr solle man sich aufrichtig begegnen und das eigene Handeln kritisch hinterfragen – wie es ein guter Freund für uns tun würde.
Der schmale Band bietet in zehn Kapiteln Anregungen für ein Leben mit mehr Selbstfreundschaft. Dabei gibt es, wenn auch keine praktischen Anweisungen, zumindest Denkanstöße. Schmid empfiehlt etwa, die Genussfähigkeit zu kultivieren, ohne zügellos allen Gelüsten nachzugeben. Manchmal holt er auch weiter aus und sinniert über Fragen wie: Was macht mich als Mensch aus? Wie möchte ich leben? Und wie kann ich gut für mich sorgen?
Der Autor steht mit seiner Idee, die Beziehung zu sich selbst zu stärken, nicht allein da. Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl gehören aktuell zu den vielversprechendsten Konzepten zur Förderung der psychischen Gesundheit. Wer bei dem Gedanken daran stutzt, hat vermutlich das verwandte Selbstmitleid im Kopf. Doch es geht keineswegs darum, sich im eigenen Elend zu suhlen, sondern sich in schweren Zeiten selbst beizustehen, statt sich mit Verachtung zusätzlich zu bestrafen. So ist mittlerweile gut belegt, dass jene, die sich selbst wohlwollend begegnen, weniger Trost und Zuspruch von anderen benötigen. Gerade das, wonach es Narzissten so verzweifelt dürstet.
Über die wissenschaftlichen Hintergründe und Befunde zu einer freundlichen Haltung zum eigenen Selbst erfährt der Leser leider nichts. Stattdessen sinniert Schmid über den Wert und den Nutzen einer solchen Einstellung, was streckenweise durchaus erhellend ist. So ist das Buch eher ein literarischer Lebensbegleiter, der auf die gängigen Klischees des Ratgeber-Genres verzichtet.
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