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»So reicht das nicht!«: Wer das Klima zerstört, sollte Verlierer sein

Ein Vordenker der Nachhaltigkeits- und Umweltbewegung fordert eine konsequente Außen- und Wirtschaftspolitik zur Rettung der Menschheit.
Extremes Niedrigwasser im Rhein bei Düsseldorf, eine Folge der Dürre von 2018

»Nur wer dem Klima und der Natur nützt, sollte künftig Gewinner sein.« Dieses Zitat aus »So reicht das nicht!« hat der Bonifatius-Verlag für den Klappentext ausgewählt. In der Tat ist das eine der Kernforderungen aus dem jüngsten Werk von Ernst Ulrich von Weizsäcker, seines Zeichens Umweltwissenschaftler, einstiger SPD-Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Ko-Präsident des »Club of Rome«. Doch der Nachhaltigkeitspionier zielt in seinem Buch nicht nur auf die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung beziehungsweise Umweltbelastung ab, sondern plädiert auch für eine andere Außenpolitik zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern.

Ein globales Problem braucht globale Lösungen

Es ist ein bisschen traurig, dass ein Buch über die Klimakrise wohl auch im Jahr 2022 immer noch die Wissenschaft des Klimawandels und seiner Folgen enthalten muss. Zumindest handelt mehr als ein Viertel des Buchs davon, wenn man Teile der Einführung mit darunter fasst. Ein Unterschied ist dabei, dass von Weizsäcker ganz in der Tradition der »Grenzen des Wachstums« auf die leere und die volle Welt abhebt. »Unsere Kinder und Enkel leben in einer ganz anderen Zeit als die Menschen während aller vorherigen Epochen der Menschheit«, so der Umweltwissenschaftler dazu im einleitenden Interview, das Eckart von Hirschhausen führt. Er meint damit, dass sich die Zahl der Menschen seit 1950 fast vervierfacht hat – und sich damit ganz andere Verhältnisse von menschlicher Nutzung zu nachhaltig verfügbaren Ressourcen ergeben haben.

Von Weizsäcker listet eine Reihe bekannter Probleme auf, die man nicht oft genug benennen kann, denn sie halten sich hartnäckig: Er verweist darauf, dass noch immer fossile Brennstoffe jährlich mit mehreren hundert Milliarden US-Dollar subventioniert werden, oder darauf, dass man Klimaschutz zwar global bewerkstelligen müsse, die rund 200 Nationalstaaten aber zuerst national denken. Von Weizsäckers einführende Bestandsaufnahme mündet in einem Fazit: »Realistisch muss angenommen werden, dass nur sehr tief greifende Änderungen in der Ökonomie, ja sogar in der menschlichen Zivilisation dazu führen können, eine einigermaßen erträgliche Zukunft für unseren Planeten durchzusetzen.«

Über die Bedeutung der Biodiversität, die Gaia-Hypothese und einen Abriss der wirtschaftlichen Entwicklung seit Ende des Zweiten Weltkriegs (»Ökonomie als Friedensstifterin«) gelangt von Weizsäcker schließlich in der zweiten Hälfte des Buchs zu seinen Forderungen. Da finden sich altbekannte Gedanken wie Preise, welche die ökologische Wahrheit widerspiegeln, aber auch in der öffentlichen Debatte häufig vernachlässigte außenpolitische Betrachtungen: Da Deutschland nur für ein Fünfzigstel der Neuemissionen verantwortlich sei, müsse es die wichtigste Aufgabe sein, die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze anderen Ländern schmackhaft zu machen.

Interessant und diskussionswürdig ist beispielsweise der Einwand, Elektroautos für arme Länder könnten gar nicht als flächendeckende Lösung funktionieren – und daher bestehe dort durchaus ein Markt für klimaneutrale Verbrennungsmotoren. Der Umweltwissenschaftler erläutert auch, wie wichtig es sei, eine international akzeptierte Verteilung des CO2-Restbudgets festzulegen; und welche Ansätze dazu zielführend seien oder auch nicht.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs erinnert von Weizsäcker an die Präambel der Charta der Vereinten Nationen (»(…) als gute Nachbarn in Frieden zusammen leben (…)«): »Dieser Geist muss im Verhältnis der Staaten miteinander wieder voll zur Geltung kommen, wenn es heute darum geht, die Zerstörungswucht des Anthropozäns zu beenden und die Rolle aller Staaten auf das Ziel der Kooperation auszurichten.«

Was bleibt von dem Buch? Vielleicht einige Anstöße, auch aus dem letzten Kapitel, dem Ausblick. Dort fallen ein paar interessante Stichworte, die der Autor gern länger hätte ausführen dürfen. Überhaupt bleibt das Gefühl, die Aspekte, die sich nicht in inzwischen Dutzenden Klimabüchern finden, kamen zu kurz. Ein klarerer Fokus auf die große Außen- und Wirtschaftspolitik und mögliche Lösungsansätze für eine globale, funktionierende Klimaschutzpolitik hätte dem Buch vermutlich gutgetan, sie ist von Weizsäckers Expertise. Andererseits gibt es nicht viele Bücher, die überhaupt diese Aspekte als Kernanliegen haben. Wen von Weizsäckers Gedanken zur internationalen Klimapolitik, Wirtschaftsstrukturen und einer »neuen Aufklärung« interessieren, für den kann sich die Lektüre daher lohnen – zumindest als Einstieg ins Thema.

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