Wilde Nachbarn
»Birding« – das Beobachten von Vögeln – ist für viele Naturfreunde in Corona-Zeiten zu einem neuen Hobby geworden. Weniger Aufmerksamkeit erhielten dagegen Säugetiere, schreibt der Zoologe und Evolutionsbiologe Josef Reichholf in seinem Buch »Stadt, Land, Fuchs«, mit dem er gleichzeitig dafür werben möchte, das zu ändern.
Die Stadt als letzter Zufluchtsort
Ihm zufolge geht das mittlerweile recht leicht, denn viele Wildtiere seien heute nicht mehr die scheuen Wald- und Wiesenbewohner von einst. Wegen der intensiven Bejagung und eines zunehmenden Verlustes ihrer Habitate erobern manche von ihnen einen neuen Lebensraum: die Stadt.
Einige dieser Arten stellt Reichholf vor. Die kurzen Kapitel über Fuchs, Biber, Ratte und Co. sind dank der schönen Illustrationen von Johann Brandstetter optisch sehr ansprechend. Das Verhalten der Lebewesen schildert der Autor prägnant und facettenreich. Immer wieder spricht er dabei Konflikte im Zusammenleben von Mensch und Tier an.
Oft legt er den Fokus darauf, dass beide Seiten einen Mehrwert haben: etwa, wenn er beschreibt, wie man Gärten so gestalten kann, damit sich neben den menschlichen Nutzern auch Igel darin wohlfühlen.
Weniger gelungen ist das Beharren darauf, Großstädte seien heute die einzigen Orte, in denen manche Wildtiere geschützt und gut (über-)leben könnten. Nicht nur wiederholt Reichholf diese These ziemlich oft, sie wirft auch weiterführende Fragen auf, die im Buch nicht ausreichend behandelt werden. Sind Städte angesichts ihrer ungleichen Verteilung und der teils wachsenden Bevölkerung und Bebauung tatsächlich geeignete Lebensräume für Tiere? Wie viel Nähe zu den wilden Neuankömmlingen kann und will der Mensch zulassen, wie mit Schäden umgehen?
Diese und weitere Fragen sollte man beantworten, damit wir in Zukunft möglichst friedlich Seite an Seite mit unseren tierischen Nachbarn leben können. Reichholf macht mit seinem Buch einen guten Anfang.
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