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»Tauchsommer«: Trotzdem Kind sein

Wie erleben es Kinder, wenn Vater oder Mutter an einer Depression erkrankt? Einfühlsam vermittelt dieses Bilderbuch Kindern ab fünf: Du musst nicht die Verantwortung dafür tragen.

Eines Tages ist Zoes Vater einfach verschwunden – »als hätte ihn jemand aus der Wirklichkeit herausgeschnitten. Am Frühstückstisch, wo er sonst saß, war jetzt ein Loch«. Einfühlsam beschreibt die schwedische Autorin Sara Stridsberg für Kinder ab fünf Jahren, was in dem Mädchen vorgeht, als sein Vater an einer Depression erkrankt und für längere Zeit in eine psychiatrische Klinik gehen muss. Zoe überlegt, was ihn zum Lachen oder wieder nach Hause bringen könnte: »Er liebt Feste. Vielleicht sollten wir ein Fest machen, damit er zurückkommt?« Und sie ist verletzt, als er plötzlich keinen Besuch mehr empfangen will: »Wie kann man Gesundsein vergessen? Wie kann man mich vergessen?« Es sind die typischen Gedanken eines Kindes, das sich verantwortlich fühlt, wenn der Vater oder die Mutter seine/ihre Lebensfreude verloren hat.

Zoe fährt weiterhin in die Klinik, und während sie dort auf ihren Vater wartet, lernt sie die Patientin Sabina kennen, die immer unter ihrem Mantel einen roten Badeanzug trägt, schon mal bei einer Schwimmweltmeisterschaft mitgemacht hat und irgendwann durch den Pazifik schwimmen will. Die beiden werden Freundinnen, liegen im Gras und beobachten Flugzeuge, die durch den wolkenlosen Sommerhimmel ziehen. Als ihr Vater Zoe endlich wieder in die Arme schließt und nach Hause zurückkommt, sind die beiden kraft ihrer Fantasie »schon mehrere Runden um die Welt geschwommen«.

Gleichaltrige Identifikationsfigur und erfahrene Erwachsene

Interessant ist die von der Autorin gewählte Erzählform. Zoe beschreibt ihre Gedanken und Gefühle zwar aus der Perspektive eines Kindes. Doch zum Schluss des Bilderbuchs wird deutlich, dass »die kleine Zoe« inzwischen erwachsen ist: »All dies geschah, als ich klein war«, erklärt sie. Dadurch ist Zoe für Jungen und Mädchen sowohl eine gleichaltrige Identifikationsfigur als auch eine erfahrene Erwachsene, die sie an die Hand nimmt und dabei vermittelt: Wenn dein Vater oder deine Mutter so traurig ist, dass er oder sie vielleicht sogar nicht mehr leben möchte, hat das nichts mit dir zu tun. Wie nah sich Zoe und Sabina sind, offenbaren auch die großartigen Illustrationen von Sara Lundberg: Die Darstellungen der beiden gleichen einander so sehr, dass Sabina Zoes große Schwester sein könnte. Auch symbolisch sind die beiden miteinander verbunden: über eine blaue Perlenkette, die auf den doppelseitigen Bildern immer wieder auftaucht.

Einfühlsam vermittelt »Tauchsommer«, wie wichtig es ist, dass Familien offen mit einer psychischen Erkrankung umgehen; damit Kinder lernen, dass nicht sie die Verantwortung für die Depression des Elternteils tragen – und weiterhin Kind sein können.

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