Inspiration mit Augenzwinkern
Halten Sie sich für kreativ? Oder lassen Sie bei gestalterischen Aufgaben gerne jenen Menschen den Vortritt, die vermeintlich von Natur aus begabter sind? Sollte letzteres zutreffen, hat Bas Kast eine gute Nachricht für Sie: Einfallsreichtum ist erlernbar und nicht bloß eine Frage der Gene. Welche Faktoren die Phantasie beflügeln und wie jeder Mensch seine Kreativität trainieren kann, erläutert der Wissenschaftsautor in seinem neuen Buch.
Beim ersten Blick ins Inhaltsverzeichnis stellt sich allerdings erst einmal Ratlosigkeit ein. Während man die etwas kryptischen Einträge überfliegt, hofft man vergebens auf ein KLICK!-Erlebnis, das einem die Zusammenhänge offenbart. Das Geheimnis von Überschriften wie "Ein Gorilla wird unsichtbar" und "Steve Jobs’ Ein-Klo-Prinzip" lüftet Kast erst nach und nach. In fünf Kapiteln entführt er seine Leser auf eine Reise durch die bunte Welt der Kreativitätsforschung. Von der Frühförderung in der Kindheit bis zur Teamarbeit in Organisationen verknüpft er aktuelle Studienergebnisse mit lebensnahen Beispielen. Indem er seine Darstellungen mit eigenen Erfahrungen und einer gehörigen Portion Witz anreichert, macht er sie durchgehend sympathisch. So erfahren wir etwa, wie es Kast bei einem Experiment an der Radboud-Universität Nimwegen (Niederlande) in einem virtuellen Café erging, oder auf welche Weise er sein typisch holländisches Frühstück zubereitet, um seine Phantasie in Fahrt zu bringen.
Mach' mal was Anderes
Laut dem Autor braucht das Gehirn neue Eindrücke und Herausforderungen, um originelle Einfälle zu produzieren. Denn beschreiten wir ungewöhnliche Wege, weichen unsere Handlungen von verinnerlichten Schemata ab, also von kognitiven Repräsentationen dessen, wie bestimmte Begebenheiten abzulaufen haben. Diese "Verstöße" fordern die Flexibilität unserer grauen Zellen, was uns wiederum fitter für künftige kreative Herausforderungen macht.
Trainieren können wir aktuellen Forschungsergebnissen zufolge auf verschiedene Weise. Ein längerer Auslandsaufenthalt etwa wirft vor allem in ungewohnter kultureller Umgebung unsere eingefahrenen Vorstellungen über den Haufen und erfordert den regelmäßigen Gebrauch einer Fremdsprache. Das bereichert unseren Erfahrungsschatz, zwingt zahlreiche neuronale Prozesse auf neue Gleise und lässt Studienteilnehmer in Kreativitätsexperimenten besser abschneiden.
Nicht nur das Verlassen der vertrauten "Comfort Zone" lässt Ideen sprießen. Auch das Gegenteil ist eine wichtig für unseren Einfallsreichtum, wie Kast darlegt. Meditation, Tagträumen und sogar Alkoholgenuss sorgen für die richtige Portion Entspannung, die für Geistesblitze unerlässlich ist. Zu starke Konzentration und übertriebene Fixierung lassen den Blick starr werden und lenken ihn von weniger offensichtlichen, kreativen Lösungswegen weg. Wohl jede(r) hat das schon einmal selbst erlebt: Obwohl man sich intensivst mit einem Problem beschäftigt, findet man einfach keinen Ausweg. Frustriert kehrt man der Herausforderung den Rücken zu, als es plötzlich KLICK! macht – und man weiß auf einen Schlag, was zu tun ist. Folgerichtig empfiehlt der Autor, sich nicht zu sehr an einer Aufgabe festzubeißen.
Die eigene Spielwiese
Nicht nur das Wie sei für die Kreativität wichtig, schreibt Kast, sondern natürlich auch das Was. So liege dem einen das Komponieren mehr als das Programmieren einer neuen Software, während der andere eher in Mathematik zur Hochform auflaufe. Wer seinen Einfallsreichtum fördern wolle, solle daher nach der eigenen kreativen Nische suchen.
Der Autor selbst scheint diese gefunden zu haben: Mit seinem ansprechenden Schreibstil vermag er ein psychologieinteressiertes Publikum zu fesseln und gleichzeitig viel Wissenswertes zu vermitteln. Mit dem vorliegenden Werk ist ihm einmal mehr ein leicht bekömmliches und dennoch aufschlussreiches und inspirierendes Sachbuch gelungen.
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