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»Unsere entscheidenden Jahre«: Die Kraft der Wut

Die Klimakrise löst viele Gefühle aus – der Journalist Martin Häusler ist mittlerweile vor allem wütend. Er erklärt detailliert, wer daran schuld ist und warum.
Ein Kraftwerk von oben

Es gibt Lösungen, um die Klimakrise mindestens zu verlangsamen. Nur müssten wir auch tatsächlich handeln. Und vor allem aufhören, die Menschen und Industrien noch zu fördern, die uns immer tiefer in die Krise reiten. Das ist die Kernbotschaft des Buchs von Martin Häusler, Journalist, Autor, Geograph und Soziologe. Sie ist auf jeder Seite klar und deutlich lesbar. Dabei lässt Häusler seiner Wut freien Lauf: »Denn meine Geduld ist am Ende«, wie er in der Einleitung schreibt.

Das Buch ist in fünf Sphären eingeteilt: Klima, Luft, Wasser, Boden und Biodiversität. Der Autor beleuchtet die Probleme unserer Zeit mit Blick auf jedes dieser Teilgebiete und unterstreicht dabei immer wieder, wer aus seiner Sicht die Verantwortlichen sind und warum dies so ist. Dabei liefert er enorm viele Fakten und Argumente – ein Fundus, aus dem sich Lesende für eigene Debattenbeiträge bedienen können. Ganz eindeutig: In diesem Buch stecken akribische Recherche und fundiertes Wissen. Zudem hat sich Martin Häusler mit vielen Fachleuten unterhalten. Die daraus entstandenen Interviews vertiefen einzelne Teilaspekte und lockern die Kapitel auf.

Den harten Ton hat Häusler mit Absicht für sein Buch gewählt und erklärt auch, warum er dies getan hat – trotzdem ist er gewöhnungsbedürftig und zuweilen etwas anstrengend. Die Wut ist verständlich und wird nachvollziehbar dargestellt, möglicherweise ist sie sogar nötig. Aber mit Ärger werden selten Probleme gelöst. Daher dürfte dieses Buch nicht für jeden verdaulich sein. Auch seine Aufmachung ist speziell. Von fast jeder Seite springen einen Zitate oder wichtige Fakten in sehr großen Buchstaben an. Der eigentliche Text wirkt daneben klein und gedrückt. Bunte Zeichnungen lockern die Textpassagen auf, könnten aber auch auf manchen irritierend wirken und den Lesefluss stören.

Ein flammender Appell – aber an wen?

Zuweilen beschleicht einen das Gefühl, das Buch sei bereits vor einigen Jahrzehnten geschrieben worden: Häusler spricht mehrmals von »den Managern« und davon, wie sie wohl mit sich leben können – auch über ihre Frauen und die Frage, warum sie solche Männer lieben. Sicher, Männer dominieren noch immer die Entscheidungsebenen. Aber es gibt mittlerweile auch genug Frauen, die klimafeindliche Handlungen mitverantworten; und umgekehrt viele, die durch ihr Handeln im Kampf gegen die Klimakrise einen Unterschied machen. Die Darstellung Häuslers verströmt stattdessen einen »Mann im Job, Frau am Herd«-Vibe, bei dem Frauen eher Zuschauerinnen denn Akteurinnen sind.

Von Detailaspekten wie diesem abgesehen, bleibt die Frage, wer dieses Buch lesen sollte. Menschen, die wie der Autor bereits wütend sind, finden darin möglicherweise Nahrung für ihre Gefühle und argumentative Munition für Gespräche. Wer allerdings noch nicht so sehr im Thema steckt, wird unter Umständen von den vielen Fakten und der aggressiven Grundhaltung des Buchs überrollt. Beim Lesen kann sich durchaus auch Verzweiflung breitmachen, denn: Große Hoffnung, dass die Verantwortlichen in absehbarer Zeit im Sinne des Buchs handeln, gibt es nicht. Häusler schreibt zwar am Ende, es gebe »längst genug Geld und Know-how, um innerhalb von drei Jahren ausschließlich nachhaltige Energielösungen, nachhaltige Produktlösungen, nachhaltige Ernährungslösungen zu schaffen.« Auch die Logik besage, dass wir Menschen dazu fähig sein müssten, zum Wohle des Planeten zusammenzuarbeiten. Nur sieht es derzeit nicht danach aus, dass dies geschehen könnte – weshalb auch Sätze wie diese keinen positiven Dreh in den Text bringen. So lässt das Buch zumindest mich ein wenig ratlos zurück.

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