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»Unter den Polarlichtern der Antarktis«: Ewige Dunkelheit

Der Physiker Robert Schwarz beschreibt seine Erlebnisse, die er während 15 Wintern in der Antarktis gesammelt hat. Eine Rezension
Polarlichter von der ISS betrachtet

Schon beim ersten Durchblättern dieses Buchs kommt Freude auf: Bilder in großer Zahl, durchweg farbig, darunter auch gelungene Grafiken, kurze Kapitel zu den einzelnen Texten, ferner ein informativer Anhang und aufklärende Beiträge über die beiden Autoren, die das alles präsentieren.

Robert Schwarz ist der Physiker, der zum Südpol-Experten an einem speziellen Standort wurde, und Felicitas Mokler, die ebenfalls Physik studiert hat und nun auch als Wissenschaftsjournalistin tätig ist – auf sie geht der Text des Bands zurück. Warum das? Nun, über Schwarz ist zu lesen: »Selbst zu schreiben, kam nicht in Frage, da dies eine der Tätigkeiten ist, der er schon zu Schulzeiten überhaupt nicht mochte.«

Mitten im Nirgendwo in fast 3000 Meter Höhe

Der spezielle Standort liegt in der Station Amundsen-Scott. Das ist nicht eine der fast 80 Stationen am Rand des riesigen sechsten Kontinents (Deutschland ist dort zum Beispiel mit der bei uns oft genannten Neumayer III vertreten), sondern sie findet sich in dessen Mitte, am geografischen Südpol. Dort, wo der Norweger Amundsen und der Brite Scott mit ihren Männern bei vielen Opfern einen ebenso erbitterten wie berühmt gewordenen Kampf austrugen: Wer würde als Erster den Mittelpunkt der Eiswüste erreichen? Südlicher geht es auf unserer Erde nicht – und mit minus 50 und stellenweise auch minus 70 Grad Celsius auch nicht kälter. Gleichwohl schaffen schmelzende Gletscher enorme Probleme; das Thema, das unsere Medien aus diesem Breitengrad bevorzugt aufgreifen.

Von 1956 an waren es US-Institutionen, die in fast 3000 Meter Höhe die Amundsen-Scott-Station Schritt für Schritt aufbauten. 2005/2006 folgte für 150 Millionen Dollar ein kompletter Neubau. Seitdem wird dort zur Geo- und Astrophysik, zur Meteorologie, Gletscherkunde und Astronomie geforscht, natürlich vor allem mit US-amerikanischem Personal, das bis zu 130 Personen umfassen kann.

Doch wie kam es, dass ein Deutscher dazugehörte? Das erklärt sich damit, dass Schwarz als Münchner Physikstudent zufällig von einem Projekt erfuhr, in dem ein »Winterover Scientist« gesucht wurde, der für ein Jahr ein Neutrino-Experiment betreuen würde. Obgleich er sich trotz gewisser Studienerfahrung in den USA keine Chancen ausrechnete, bewarb er sich. Bald darauf kam die Zusage.

Er zählte ab 1997 zu einem Team aus zunächst 28 Mann. Aus dem geplanten Jahr wurden nicht weniger als 15 Winter. Dort lebte er in der Station mit seinem 4,5 Quadratmeter großen Zimmer, einem Gymnastikraum, Speisesaal, Büros, Shops, viel Kabelsalat (bei manchem Stromausfall) und dem »Sky Lab«, das für Polarlichtexperimente gedacht ist.

Denn die Polarlichter flimmern als Aurora borealis nicht nur über der Arktis (und gelegentlich sogar über Deutschland), sondern als Aurora australis ebenso über weite südliche Zonen während einer sechs Monate langen Polarnacht. Da sind Spezialisten der Polarlichtfotografie mit besonderen Kameras gefragt – und viel Geduld. Zu den Ergebnissen zählen auch die zahlreichen Farbbilder, die das Buch enthält. Manchmal wären sie in größerem Format wohl noch sehenswerter.

Schwarz' Interesse richtete sich stark auf Experimente mit den Kürzeln AMANDA, QUaD und SPUD/Keck. Sie haben mit Mikrowellenteleskopen zu tun, die mit einer imposanten Menge an optischen Modulen, Strängen, Chips und Detektoren ausgestattet sind. Dabei geht es unter anderem darum, die Mikrowellenstrahlung aus der Frühzeit des Universums zu untersuchen. Diese sei fast nur »vom Boden des Hochplateaus der Antarktis aus sinnvoll zu beobachten« – und in eisigen Wintern besonders gut. Gefragt ist Expertise mit der Bereitschaft, ständig dazuzulernen, zu improvisieren und nicht aufzugeben. Ja, Wissenschaft schafft Wissen. Und wenn das in einem oft erzählerischen Stil geschieht – umso besser.

Durch Schwarz und Mokler erfährt man nicht nur von solchen Arbeiten. Sie vermitteln auch, wie es sich in der antarktischen Sauna schwitzt, was es mit südpolar gewordenen Weißwürsten plus Gummibärchen auf sich hat, mit Bayern 3 auf Kassette, dem Midwinter-Dinner sowie einer Fußball-WM per Telefon. Damit lässt es sich wohl leben, oder nicht? All diese lesenswerten Seiten versuchen nicht, bei Laien dafür zu werben. Schwarz erklärt, ihn habe halt das Polarvirus gepackt.

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