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»Unterwegs ins Morgenland«: Von Quelle zu Quelle

Die Geschichte Palästinas bis ins Jahr 1922 nimmt sich Bernd Brunner vor. Seine lesenswerte Darstellung ist fundiert und informativ, aber keine ganz leichte Lektüre.

Wer bei dem Titel an Basare und Moscheen denkt, an Geschichten aus »1001 Nacht«, sei gewarnt: Es geht fast nur um Palästina, das Land der Bibel. Das ist allerdings umfassend genug, denn der Publizist Bernd Brunner spannt den zeitlichen Bogen von einer Pilgerreise im 4. Jahrhundert bis ins Jahr 1922, als Großbritannien das Mandat über die Region erhielt. Dieser zeitliche Rahmen liefert trotz der geografischen Begrenzung eine kaum zu bändigende Fülle an Themen.

Zwar stammen die meisten historischen Berichte von Europäern oder Amerikanern, das Buch gibt also zumeist die Sicht christlicher Reisender wieder. Dennoch schwirrt dem Lesenden bald der Kopf. Der Autor hegt die Fülle durch Kapitel ein, die sich Einzelthemen widmen. »Wissenschaftler entdecken Palästina« etwa zitiert aus Berichten zu den Anfängen der Geografie und der Archäologie im Land der Bibel. Ein anderes Kapitel widmet sich der »Morgenlandsehnsucht« deutscher Dichter und Denker vom Schlage eines Johann Gottfried Herder oder Heinrich Heine. Sie machten sich Gedanken über diese Weltgegend, ohne sie je gesehen zu haben. Johann Wolfgang von Goethe forderte »wir müssen uns orientalisieren« und kam, wie Brunner lakonisch feststellt, »immerhin bis Sizilien, das in früheren Zeiten in arabischer Hand gewesen war«.

Trostlos oder Sehnsuchtsort?

Das Land machte es einem nicht unbedingt leicht. Als der französische Schriftsteller Alphonse de Lamartine im 19. Jahrhundert Bethlehem besuchte, notierte er im Rückblick: »Obgleich es schon im April war, wehte ein eisiger Wind mit solcher Heftigkeit, dass er drohte, mich und mein Pferd über den Haufen zu stürzen. Der Staub blendete mich; ich überließ die Zügel meinem arabischen Stallknecht.« Mark Twain, im Auftrag einer Zeitung in Palästina, fand das Land noch weniger erbaulich: »Unter all den Ländern mit trostloser Landschaft muss Palästina wohl König sein. Ich glaube, die Sonne würde bei ihrem Umlauf einen großen Bogen darum machen, wenn sie es einrichten könnte.«

Für fromme Christen blieb das Land der Bibel freilich ein Sehnsuchtsort. Die im 17. Jahrhundert in Württemberg entstandene Templer-Bewegung beispielsweise wollte dort die Rückkehr des Messias erwarten. Als Gerüchte die Runde machen, weltweit würden Juden die Emigration nach Palästina planen, gründeten die Templer kleine Kolonien. Als Missionare scheiterten sie, ebenso als Bauern. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust wurden sie ausgewiesen, denn sie hatten sich dem Nationalsozialismus angeschlossen.

Auf einen letzten, bis in die Gegenwart reichenden Abschnitt zur Geschichte Palästinas verzichtet Brunner. Er verfolgt zwar, wie die Idee eines Staates Israel aufkam und welche Rolle dabei der Untergang des Osmanischen Reichs spielte. Sein Buch endet jedoch mit dem erwähnten Mandat des Völkerbundes für Großbritannien. Das bis heute brisante »Unternehmen Israel« nicht in wenigen Schlusskapiteln abzuhandeln, ist eine nachvollziehbare Entscheidung des Autors. Wer den historischen Faden über das Buch hinaus weiterverfolgen will, muss also selbst im Netz recherchieren.

»Unterwegs ins Morgenland« ist ein lesenswertes, aber auch ein wenig anstrengendes Buch. Es setzt solide historische Kenntnisse voraus – oder eine schnelle Internetverbindung, wenn es darum geht, Wissenslücken zu schließen und seine Neugier bezüglich der letzten gut 100 Jahre der Geschichte Palästinas zu stillen.

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