Jahrmilliarden im Zeitraffer
Der Buchtitel klingt, als handle das Werk vor allem davon, wie die ersten Lebewesen entstanden. Dem ist aber nicht so, wie sich beim Lesen herausstellt. Stattdessen geht der Autor eine viel größere Herausforderung an: Er umreißt die Geschichte und Vorgeschichte des Lebens vom Urknall bis zur Erfindung der Landwirtschaft. Für ein schmales Taschenbuch ist das ambitioniert. Johannes Sander, promovierter Biologe und Wissenschaftsautor, hat sich viel vorgenommen.
In sieben Hauptkapiteln mit insgesamt 230 Seiten schreitet Sander durch einen Zeitraum von mehr als 13 Milliarden Jahren. Ein 40-seitiger Anhang mit Glossar, Literatur- und Stichwortverzeichnis beschließt das Ganze. Bilder gibt es kaum, und wenn, dann minimalistisch gestaltete; der begrenzte Umfang des Werks lässt auch nicht viel Platz dafür.
Durch die Erdzeitalter
Der Autor beginnt mit der Bildung erster Atomkerne sowie der Sterne und Planeten. Darauf folgt ein rund zehnseitiger Exkurs in die Entstehung des Lebens – das ist wenig, gemessen an den Erwartungen, die der Buchtitel weckt. Des knappen Raums wegen kann Sander hier nur wenige Schlaglichter auf das Thema werfen. In den übrigen Kapiteln arbeitet er sich durch die Erdzeitalter und skizziert den groben Verlauf der biologischen Evolution, wobei er auf Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere und Pilze eingeht. Am Ende befasst er sich mit der Entwicklung der Hominini und dem Erscheinen des modernen Menschen.
Das Werk wartet mit enormer Faktenfülle auf. Dicht gedrängt reihen sich Taxonbezeichnungen und Merkmalsbeschreibungen aneinander: »Erstmals seit dem Silur belegt sind beispielsweise die Anaspida. Ein Vertreter dieser Gruppe war der etwa 26 Zentimeter lange Rhyncholepis aus dem späten Silur, dessen Überreste in Norwegen gefunden wurden. Hanyangaspis wiederum gehörte zu den Galeaspida, die durch helmartige, manchmal mit langen hornartigen Auswüchsen versehene Kopfschilde gekennzeichnet waren.« So geht das Seite für Seite. Das alles zusammenzutragen, war bestimmt nicht leicht, wie sich auch an dem 25-seitigen, eng gedruckten Literaturverzeichnis ersehen lässt. Hervorzuheben ist, dass der Autor ziemlich ausführlich die Evolution der Pflanzen behandelt.
Allerdings hat das Buch einen durchgehend enzyklopädischen Charakter, was bei längerem Lesen ermüdet. Der Text ähnelt einer großen Sammlung von Lexikoneinträgen: Jeder Absatz für sich ist gewiss richtig und aufschlussreich, doch es fehlt ein übergeordneter Bogen, der das Ganze nachvollziehbar strukturiert, die wesentlichen Dinge herausstellt und den Lesern mit Zusammenfassungen hilft. Von großem Nutzen wäre es gewesen, die beschriebenen zeitlichen Entwicklungen und Verwandtschaftsverhältnisse konsequenter in Grafiken darzustellen und überhaupt mehr Bilder zu bringen.
Die zahlreichen Fachbegriffe machen das Werk durchweg anspruchsvoll. Da erscheint das Glossar im Anhang dringend nötig. Dankenswerterweise sind Begriffe im Text, die sich im Glossar nachschlagen lassen, gefettet.
Von dem Buch profitieren können Leser(innen), die umfangreiche Vorkenntnisse besitzen und sich einen kompakten Eindruck vom evolutionären Geschehen in bestimmten Erdzeitaltern verschaffen möchten. Als heranführende Lektüre oder gar als unterhaltsamer Lesestoff eignet es sich hingegen eher nicht.
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