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»Vertrauen in die Medizin«: Der Kampf der modernen Medizin um Vertrauen

Norbert Schmackes Buch ist ein schlüssig argumentierendes Plädoyer dafür, das Vertrauen in eine evidenzbasierte Medizin zu stärken. Aus seiner Sicht ist die Hinwendung vieler Patienten zur Alternativmedizin oft nicht deren Qualität, sondern den Mängeln schulmedizinisch geprägter Institutionen geschuldet. Wer den Patienten als Menschen vernachlässigt, verliert sein Vertrauen.
Zwei sitzende Medizinstudenten besprechen sich, andere laufen an ihnen vorbei, Blick von oben aus der Vogelperspektive

Norbert Schmacke ist Internist und am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen tätig. In seinem Buch beschäftigt er sich mit den Entwicklungen der modernen Medizin und der parallel dazu entstandenen alternativen Heilmethoden. Der Text ist in drei Abschnitte gegliedert. Im Kapitel »Fortschritte der Medizin« wird dargestellt, wie sich Diagnose und Behandlung vieler Krankheiten in den letzten Jahrzehnten entwickelt und deutlich verbessert haben. Anhand von Krankheitsbildern wie Krebs, kindlicher Leukämie, Nierenversagen oder Herzinfarkt, neurologischen Erkrankungen wie multiple Sklerose sowie psychischen Störungen illustriert der Autor den wissenschaftlichen Fortschritt zum Wohle der Patienten.

Trotz dieser, objektiv gesehen, außergewöhnlichen Verbesserungen suchen viele Patienten ihr Heil in der »Alternativmedizin«, die im zweiten Kapitel ausführlich dargestellt wird. Unter dem Stichwort der so genannten Komplementär- und Alternativmedizin (CAM) werden die Hintergründe verschiedener Ansätze ausgeführt. Schmacke stellt dar, welche Schulen und Meinungen die Grundlage für diese Methoden bilden, und beleuchtet sie unter verschiedenen Aspekten. So wird unter anderem auf die Placebodebatte und die Frauengesundheitsbewegung eingegangen. Das Grundproblem liege jedoch, so Schmacke, in der Tatsache, dass die Vertreter dieser »alternativen« Methoden fast immer einen objektiv nachvollziehbaren Wirksamkeitsnachweis schuldig bleiben. Die Etablierung von CAM zeige oft eine gefährliche Nähe zu esoterischen Ideen. Themen, die der Autor detailliert ausführt, sind die »Akzeptanz des Irrationalen«, der »Glaube und Aberglaube« sowie die »Mantras verkürzter Medizinkritik« und Ivan Illichs »Nemesis der Medizin«. Eine Akzeptanz solch irrationalen Glaubens ist für ihn angesichts der Entwicklung der evidenzbasierten Medizin unverständlich. Ähnlich argumentierten bereits Lamberty und Nocun in ihrem Buch »Gefährlicher Glaube«. Schmacke sieht einen der Hauptgründe für die Abkehr von bewährten, naturwissenschaftlich fundierten Verfahren darin, dass es im medizinischen Alltag mehr und mehr versäumt wird, auf den kranken Menschen mit seinen persönlichen Problemen und Perspektiven verständig einzugehen. Dies führe oft dazu, dass davon enttäuschte Patienten Vertreter der Alternativmedizin aufsuchen.

Das Hauptproblem der Schulmedizin ist kein wissenschaftliches

Das abschließende Kapitel beschreibt den »Alltag der Medizin« und widmet sich der Frage, wie das Vertrauen von Patientinnen und Patienten in wissenschaftlich erprobte Verfahren gestärkt werden kann. Die erwähnte »Evidenzbasierte Medizin« wird als Chance gesehen, um den »Verlust des Vertrauens in die Arztprofession« zu verhindern. Dabei geht Schmacke auch auf die herrschenden Probleme unseres Gesundheitswesens ein. Interessenkonflikte müssten gelöst, die Position von Patienten gegenüber behandelnden Ärzten müsse gestärkt werden. Welche »Weichen in Krankenhaus und Praxis« falsch gestellt sind und wie beispielsweise die Krankenpflege verbessert werden kann, wird ausführlich beschrieben.

Wie sich verloren gegangenes Vertrauen in wissenschaftlich erprobte Verfahren zurückgewinnen lässt, ist denn auch die Leitfrage dieses Buchs. Diagnosemöglichkeiten und Therapien der modernen Medizin haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Krankheiten, die früher als kaum behandelbar galten, können heute geheilt werden. Derzeit, so Schmacke, konzentrieren sich Ärzte in erster Linie auf den Erhalt von Leben und die Verbesserung der Lebenserwartung. Dabei vergessen sie oft, wie wichtig etwa die Haltung der Patienten bei der Behandlung schwerer Erkrankungen ist. Nach Schmacke gilt es deshalb, das Vertrauen in die Schulmedizin zu festigen, damit sich Kranke nicht aus Frustration der Alternativ- oder Komplementärmedizin zuwenden.

Das vorliegende Buch ist trotz vieler Details und umfangreicher Hinweise auf die relevante Literatur flüssig geschrieben, die verschiedenen Themenkreise werden übersichtlich und in nachvollziehbarer Gliederung referiert. Am Ende jedes Kapitels fasst der Autor zusammen, welche Schlussfolgerungen die geschilderten Inhalte erlauben. Norbert Schmacke mahnt in diesem lesenswerten Beitrag an, dass sich unser Gesundheitswesen ändern muss, damit alle Menschen von den Fortschritten einer evidenzbasierten Medizin profitieren.

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