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»Vogelwelten«: Vögel im Museum

Ein Papagei aus dem 18. Jahrhundert oder eine ausgestorbene Wandertaube: Das Buch präsentiert Vögel aus dem Museum mit interessanten Geschichten. Eine Rezension
Weißband-Ameisenvogel

Jakob ist nicht besonders hübsch. Ein wenig matt und grau steht er auf einem Sockel. Kein Wunder, denn nicht einmal in seinem Leben nach dem Tod konnte er Ruhe finden. Eine Granate, die im Zweiten Weltkrieg den Vogelsaal im Berliner Museum für Naturkunde traf, zerfetzte auch ihn. Wäre er nicht Jakob gewesen, hätte man ihn entsorgt. So aber wurde der Papagei von den Restauratoren liebevoll und mit endloser Geduld wiederhergestellt und zeugt noch immer von seiner besonderen Geschichte: Zunächst gehörte er dem bayerischen König Maximilian, dann Großherzog Carl-August von Sachsen-Weimar und schließlich noch 30 Jahre lang Alexander von Humboldt. Nach so einem Leben wird man nicht begraben, sondern ausgestopft.

Die Wandertaube wieder zu Leben erwecken

Der Papagei aus dem 18. Jahrhundert ist einer der Vögel, die im Buch »Vogelwelten« porträtiert sind. Vom Format her ein Bildband, ist »Vogelwelten« jedoch weit mehr als das, denn die Autoren Karl Schulze-Hagen (siehe Rezension »Die Vogel-WG«) und der Präparator des Berliner Museums für Naturkunde Jürgen Fiebig führen sachkundig durch fünf berühmte Vogelsammlungen in Berlin, Wien, Frankfurt, Bonn und im Schloss Köthen. Schnell wird deutlich, wie wichtig Naturkundemuseen für die Forschung sind, gerade heute, da die Zahl der Tiere und Pflanzen rapide abnimmt. Mancher Vogel, den der Wildlife-Fotograf Klaus Nigge hier in exzellenten Porträts präsentiert, ist längst ausgestorben. Etwa die Wandertaube, die einmal zu den häufigsten Vögeln auf unserem Planeten zählte. Milliarden zogen in endlosen Schwärmen durch Amerika und wurden als »flying meatballs« vom Himmel geholt – bis es keine mehr gab. Martha war die letzte ihrer Art, sie starb 1914. Heute gibt es Pläne, die Wandertaube mittels noch vorhandener DNA aus dem Museum wieder zum Leben zu erwecken.

Die Themen des Buchs sind klug gewählt: Es gibt Kapitel über Eiersammlungen und Nester, über die Kunst des Konservierens und Präparierens, über die Systematik der Arten und die moderne Museumsornithologie, die zum Beispiel mit Genanalysen artspezifische DNA-Sequenzen von heute mit denen alter Vögel vergleichen kann. Für Evolutionsforscher höchst wertvoll.

Man staunt, wird berührt und manchmal verzaubert. Die Fotos funktionieren bestens, obwohl alle Vögel mausetot sind, in Schubladen liegen mit Etiketten an den Füßen oder ausgestopft auf Ästen sitzen. Ein Kronenkranich schaut aus einem Karton heraus, weil er gerade umziehen muss.

Dieses gelungene Vogelbuch ist auch eine Einladung, vom Sofa aufzustehen und sich auf die Socken zu machen, um die einzigartigen Schatzkammern der biologischen Vielfalt in den naturhistorischen Museen zu besuchen.

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