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»Vom Buffet der guten Laune nehm ich die sauren Gurken.«: Zynismus und Tiefgang

Bekannte Künstlerinnen und Künstler berichten authentisch und teils zynisch von ihrer Depression. Eine Hoffnung spendende Lektüre mit Tiefgang. Eine Rezension.
Eine Frau liegt zusammengerollt im Bett und sieht traurig aus

Mit »heiterer Gelassenheit« wollen 30 deutsche Künstlerinnen und Künstler, darunter Torsten Sträter und Ronja von Rönne, depressive Menschen unterstützen und die Erkrankung in der Öffentlichkeit präsenter machen. Die Beitragenden selbst waren oder sind an einer Depression erkrankt und teilen ihre Erfahrungen authentisch in kurzen Beiträgen und Comics. Unterstützt wurde die »Humoroffensive« von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sowie den Vereinen Deutsche DepressionsLiga und Freunde fürs Leben.

Das Buch beginnt mit einer Triggerwarnung: Trotz des humoristischen Rahmens handeln viele Texte von Suizidalität und davon, wie es sich anfühlt, schwer depressiv zu sein. Auf Anlaufstellen für Menschen in Not wird verwiesen. Ausschnitte eines Chatverlaufs zwischen Verlagsmitarbeitern – als »Buchstabenschubser« bezeichnet – illustrieren die Entstehungsgeschichte des Projekts.

Eine belastende und ernst zu nehmende Erkrankung

Es folgen die Beiträge der Kunstschaffenden. Sie machen deutlich, dass eine Depression eine belastende und ernst zu nehmende Erkrankung ist. Es geht auch um das fehlende Verständnis anderer. Ratschläge wie »Denk doch mal positiv!« würden nicht helfen, sondern wütend machen. Die Botschafter solcher »geistigen Ergüsse« werden als »Idioten« bezeichnet. Das Buch macht nachdenklich; es wirkt an einigen Stellen eher zynisch als heiter und offenbart eine große Kluft zwischen Gesunden und Kranken.

Die Schauspielerin Bärbel Stolz berichtet von ihren Erfahrungen als Kind eines depressiven Vaters. Die Schriftstellerin und Journalistin Ronja von Rönne wünscht sich eine Entromantisierung der Depression als vermeintlicher Basis großer Kunst. In ihren Augen haben nur wenige trotz – nicht wegen – der Erkrankung Großes erreicht. Der Schauspieler Schlecky Silberstein schildert, was von Psychiatrien zu erwarten ist. Ihr schlechtes Image habe nichts mit der Realität zu tun. Es handle sich um Orte, an denen man ankommen und so sein dürfe, wie man ist. Die Seiten des Kabarettisten und Politikers Nico Semsrott sind leer: Eine Depression habe seinen Beitrag verhindert.

Das letzte Drittel des Buchs wendet sich vor allem dem zu, was helfen kann. Die Moderatorin Coldmirror etwa ruft dazu auf, weiterzumachen – für alles, »was da noch kommt«. Es könne sich lohnen, da die Dinge sich ändern! Die Deutsche Depressionshilfe informiert über die Symptomatik und gibt Tipps für Familienmitglieder. Es bleibt zu hoffen, dass interessierte Angehörige nach diversen Beiträgen über mangelndes Verständnis im Umfeld bis dahin noch nicht abgesprungen sind.

Ein klares Inhaltsverzeichnis fehlt, und die Titel der Beiträge verraten wenig über deren Inhalt. Von einer deutlichen Struktur hätten die Leserinnen und Leser vermutlich profitiert. Wer eine erste depressive Episode erlebt, wird von Berichten über Jahre andauernde Erkrankungen und Suizidgedanken womöglich abgeschreckt und profitiert vor allem von Informationen zu Hilfsangeboten. Wer hingegen schon lange unter einer Depression leidet, könnte erleichtert sein zu erfahren, dass auch bekannte Künstlerinnen und Künstler nicht davon verschont bleiben.

Das Buch ist vermutlich vor allem für Menschen geeignet, die schon länger erkrankt sind. Hoffnung spendet insbesondere die zweite Hälfte mit berührenden, zynischen und authentischen Zugängen zur Depression. Und wer in seinem Umfeld Erkrankte hat, entwickelt vielleicht ein besseres Verständnis für deren Befinden.

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