Launiger Streifzug durch die Mathematik
Der Autor des vorliegenden Buchs hat einen recht interessanten Werdegang hinter sich. Nach Mathematik-und Philosophiestudium arbeitete er einige Jahre als Journalist in Brasilien und befasste sich dort unter anderem mit Fußball. Er schrieb ein Buch darüber und wirkte als Ghostwriter an einer Autobiografie des brasilianischen Kickers Pelé mit. Anschließend wandte er sich der Mathematik zu. Für sein erstes Buch auf diesem Gebiet ("Alex im Wunderland der Zahlen", Rezension hier) bekam er mehrere Preise. Regelmäßig veröffentlicht er unterhaltsame Mathematik-Kommentare auf der Website der britischen Tageszeitung "The Guardian".
Ob der etwas sperrige deutsche Titel seines neues Werks glücklich gewählt ist, werden die Verkaufszahlen zeigen. Der Verlag vermied dort das Wort "Mathematik", möglicherweise in der Annahme, es sei abschreckend. Jedenfalls spielt die Buchüberschrift auf das erste Kapitel an, in dem der Autor beschreibt, welche Assoziationen Zahlen hervorrufen können. Man erfährt unter anderem, dass bereits bei den Pythagoräern im 6. vorchristlichen Jahrhundert die ungeraden Zahlen als männlich, die geraden als weiblich galten. Auch verrät Bellos, welche Bedeutung bestimmte Zahlen in asiatischen Kulturen haben, wie sie in der Werbung wirken und welche Tricks sich beim Gestalten von Speisekarten und Preisschildern anwenden lassen. Das Kapitel schließt mit den Ergebnissen einer Internetumfrage zu den beliebtesten Zahlen, die der Autor durchgeführt hat, sowie mit den Resultaten verschiedener psychologischer Untersuchungen.
6500 Reiseziele
Dieses und die übrigen neun Kapitel lassen sich weitgehend unabhängig voneinander lesen. Der Autor ermuntert seine Leser sogar dazu, mit der Lektüre eines Abschnitts aufzuhören und zum nächsten überzugehen, falls die Verständnisschwierigkeiten zu groß werden. Jedes Kapitel beginnt er als neuen, eigenständigen Buchteil, meist mit einer einleitenden Geschichte, die Interesse am jeweiligen Stoff wecken soll. So berichtet er von einem Taxifahrer mit Asperger-Syndrom, der davon besessen ist, Zahlen in Primfaktoren zu zerlegen, oder erzählt von einem Engländer, der sich das skurrile Ziel gesetzt hat, alle 6500 Triangulationspunkte in Großbritannien aufzusuchen.
Bellos behandelt Kegelschnitte, Drehbewegungen, die Bedeutung der eulerschen Zahl e, negative und komplexe Zahlen, mathematische Beweistechniken und zelluläre Automaten. Dabei pflegt er einen plaudernden Schreibstil, den viele Leser als ansprechend empfinden dürften. Positiv hervorzuheben sind die Klarstellungen, Anmerkungen und Literaturhinweise im Anhang sowie ein 18-seitiger Glossar. Auch enthält das Werk zahlreiche Abbildungen und Grafiken, die das Verständnis fördern. Etwas überflüssig erscheint es hingegen, dass der Autor in jedem Kapitel erwähnt, er habe ein thematisch einschlägiges Interview mit einem interessanten Menschen geführt. Zudem unterbricht er den Text hin und wieder abrupt mit Termen und Gleichungen, die bei mathematisch wenig Vorgebildeten sicherlich Fragen aufwerfen werden. Entsprechende Herleitungen und Erläuterungen finden sich im Anhang, diese sind jedoch im Stil eher formal und weniger ansprechend als vorn im Buch.
Ein großes Ärgernis erwartet die Leser ausgerechnet dort, wo Bellos auf eine der schönsten mathematischen Beziehungen eingeht, nämlich auf die Gleichung eiπ+1=0. Innerhalb eines elf Seiten langen Abschnitts steht hier an zehn Stellen die imaginäre Einheit i nicht im Exponenten, sondern als Faktor hinter der eulerschen Zahl e. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese schockierende Fehlerhäufung in späteren Auflagen beseitigt wird.
"Warum die Elf hat, was die Zehn nicht hat" eignet sich als Geschenk für mathematisch Interessierte. Trotz der genannten Schwächen ist es unterhaltsam und informativ geschrieben und hat durchaus das Potenzial, auch jugendliche Leser zu erreichen.
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