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»Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein«: Moralforschung im Fokus

Eine empfehlenswerte Lektüre über unmoralisches Handeln. Armin Falk legt eine Fülle empirischer Studien mit bisweilen überraschenden Ergebnissen vor. Eine Rezension.
Bettelnder Mann streckt seine Hand aus

Würden Sie 100 Euro spenden, wenn Sie dadurch ein Menschenleben retten könnten? Die meisten Menschen würden diese Frage mit »Ja« beantworten. Doch warum spendet dann nicht jeder regelmäßig an Organisationen, die etwa Medikamente für kranke Menschen in benachteiligten Regionen zur Verfügung stellen?

Solchen Fragen geht Armin Falk in seinem populärwissenschaftlichen Buch »Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein« nach. Der Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn erklärt die Mechanismen, die uns daran hindern, moralisch richtige Entscheidungen zu fällen. Die moraltheoretische Grundannahme des Autors: Es ist unmoralisch, wenn ein Mensch einem anderen absichtlich Schaden zufügt. Diese aus philosophischer Sicht etwas dünne Prämisse zeigt den Unterschied zwischen der Ethik als philosophischer Disziplin und der Verhaltensökonomie. Erstere verhandelt vor allem Fragen nach Rechten und Pflichten sowie Konsequenzen auf abstrakter, übergeordneter Ebene, während Letztere in erster Linie empirisch vorgeht und den Fokus – wie in der vorliegenden Grundannahme – auf das Handeln des Einzelnen legt.

Der empirische Ansatz des Autors wird schnell deutlich, denn er legt eine Fülle von Studien zu moralischem Handeln mit bisweilen überraschenden Ergebnissen vor. Hätten Sie gedacht, dass Richter härter über jugendliche Straftäter urteilen, wenn die lokale Sportmannschaft am Wochenende zuvor ein Spiel verloren hat?

Anhand solcher Erkenntnisse erarbeitet der Autor verschiedene Antworten auf die Frage nach den Gründen für unmoralisches Handeln, die wie im Gerichtsbeispiel von der Stimmung des Handelnden über Reziprozität (»Hat der andere mir schon einmal etwas Gutes getan?«) bis hin zur Diffusion von Verantwortung reichen (»Warum soll ich das tun, wenn es sonst niemand tut?«).

Einziger Kritikpunkt: Falk wiederholt im Werk oft den Satz »Jeder Mensch ist anders« und entwickelt gleichzeitig seine Thesen aus der Auswertung von Studien, die ja vor allem Aussagen über Mittelwerte treffen – ein Widerspruch, der nicht aufgelöst wird. Insgesamt sind die Ausführungen des Autors jedoch gut belegt, das Werk schön lesbar und somit empfehlenswert – besonders für Personen, die sich bisher eher mit der philosophischen Sicht auf moralisches Handeln auseinandergesetzt haben.

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