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»Was die Welt zusammenhält«: Einmal quer durch die Naturwissenschaften

Unter dem Stichwort »Muster« präsentiert Brian Clegg die wichtigsten Prinzipien der Naturwissenschaften. An manchen Stellen vermisst man aber die fachliche Tiefe. Eine Rezension.
Ein Schneckenhaus liegt im Sand.

Die Frage von Goethes Faust nach dem, »was die Welt im Innersten zusammenhält«, stand sicher Pate bei der Titelwahl. Die Gesetzmäßigkeiten der Natur sind es, so lautet die Antwort des britischen Schriftstellers Brian Clegg, und die beschreibt er in wesentlichen Teilen seines Buchs. Der englische Titel »Ten Patterns That Explain the Universe« stellt den Begriff »Pattern« ins Zentrum, in der deutschen Ausgabe tritt er im Untertitel als »Muster in der Natur« auf. Dieser Begriff ist für den Autor eine Leitlinie, die sich durch das ganze Buch zieht. In der Einleitung schreibt er: »Wir verstehen die Welt um uns herum anhand von Mustern. Dabei sind nicht unbedingt Muster im visuellen Sinn gemeint, sondern vielmehr Abläufe und Phänomene, die regelmäßig auftreten.« Das muss man berücksichtigen, wenn an manchen Stellen die Verwendung des Begriffs Muster etwas merkwürdig erscheint.

Von der Raumzeit über den Jetstream bis zur Knotentheorie

Die ersten Kapitel sind der Physik des Makro- und des Mikrokosmos gewidmet. Die kosmische Hintergrundstrahlung, die einige theoretische Physiker schon in den 1950er Jahren vorausgesagt hatten, konnte etwa 20 Jahre später tatsächlich nachgewiesen werden. Von immer präziseren Weltraumteleskopen fotografiert, stellt sie heute ein Muster dar, das »uns fortwährend mehr über die Anfänge des Universums erzählt«.

Anschließend bringt der Autor die mathematische Darstellungsform des Minkowski-Diagramms als »Muster der Raumzeit« nahe. Mit Hilfe dieser zweidimensionalen Diagramme (eine Dimension für den Raum, die andere für die Zeit) kann man die für Laien doch sehr überraschenden Phänomene der speziellen Relativitätstheorie Einsteins anschaulich darstellen – ohne mathematische Formeln. Das führt Clegg einleuchtend vor.

Als Beispiel für Muster im Mikrokosmos wählt er eine Tabelle, die das Standardmodell der Teilchenphysik wiedergibt. Dieses beschreibt, welche Bedeutung die Elementarteilchen haben und welche Beziehungen zwischen ihnen bestehen. Muster sind erkennbar, wenn subatomare Teilchen in Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider am CERN mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aufeinanderprallen und dadurch neue Teilchen entstehen. So konnte man vor einigen Jahren das Higgs-Teilchen nachweisen. Seiner Leitidee folgend stellt der Autor ein theoretisches Muster vor, so genannte Feynman-Diagramme, mit denen man die Wechselwirkungen zwischen Teilchen wieder ganz ohne Formeln veranschaulichen kann.

Allerdings ist der Begriff des Musters manchmal etwas weit gefasst. Ein Abschnitt endet beispielsweise mit dem Satz »Das Wetter ist ein reales Muster«. Der Autor versteht darunter die Phänomene, die das Wetter verursacht. Er geht auf Hoch- und Tiefdruckgebiete und die dadurch entstehenden Luftbewegungen ein, Jahreszeiten und Jetstream, Golfstrom und das El-Niño-Phänomen, die es erlauben, Wetterereignisse zu verstehen und kurzfristige Prognosen zu geben. Letztlich führt Clegg all das auf ein tiefer liegendes Muster zurück, wenn er formuliert: »Es gibt keinen Zweifel, dass sämtlichen Wettermustern die chaotische Natur (…) zugrunde liegt.«

Ganz anders ist das bei dem grundlegenden Ordnungsschema der Chemie, nämlich dem periodischen System der Elemente. Wer dessen Muster durchschaut, kann viele Eigenschaften von Atomen und ihrer Verbindungen vorhersehen und erklären. Lücken in dem Schema halfen deshalb bei der Suche nach einem fehlenden Element. Clegg macht klar, wie durch die Struktur der Elektronenschalen der Aufbau des Periodensystems mit Haupt- und Nebengruppen sowie den Lanthaniden und Actiniden bis hin zum jüngst erzeugten Element mit der Ordnungszahl 118 bestimmt ist.

Aus der Biologie wählt der Autor die Evolutionstheorie. Auch hier gibt er einen kurzen Einblick in die geschichtliche Entwicklung seit Lamarck und Darwin und erläutert, mit welchem mathematischen Hilfsmittel, dem Kladogramm (einer speziellen Sorte eines Stammbaums), sich die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Pflanzen- oder Tierarten anschaulich darstellen lassen. Die früher aus äußeren Merkmalen (wie Knochenbau, Schädelform oder Gebiss) von Fossilien abgeleiteten Beziehungen kann man heute viel eindeutiger aus dem Vergleich der DNA ermitteln. Das ist insbesondere für die menschliche Stammesgeschichte wichtig.

In zwei Abschnitten widmet sich der Autor mathematischen Mustern. Im ersten präsentiert er mathematische Objekte, die etwas willkürlich zusammengestellt wirken. Vom »Muster der Zahlengeraden« ausgehend führt er Logarithmen ein, um den Rechenschieber zu erklären, fährt dann mit komplexen Zahlen fort, geht auf Quaternionen (vierdimensionale Analoga zu komplexen Zahlen) ein, die Fibonacci-Zahlen und die Knotentheorie – all das auf je knapp einer Seite. Die verschiedenen Arten von Symmetrie sind das nächste Thema: bei Parketten und Fliesenmustern, bei Schneeflocken und Kristallen.

Angesichts der Fülle an aufgeworfenen Themen ist klar, dass Clegg nicht in die Tiefe gehen kann. Dennoch erklärt er sie auf anschauliche, einfache und verständliche Weise. Auch das Design des Buchs ist bemerkenswert: Man findet fast keine Seite ohne Abbildungen (wobei der Informationswert teilweise zweifelhaft ist), alle paar Seiten trifft man auf Zitate von Wissenschaftlern in besonders großen Lettern (deren Aussagekraft sehr beschränkt ist). Das schafft ein auffälliges Layout, das schon beim ersten Blättern ins Auge sticht. Autor und Verlag zielen damit wohl auf eine Leserschaft, die mit der Thematik wenig vertraut ist und einen ersten Einblick in Grundlagen der Naturwissenschaft erhalten will. Für diese ist das Buch gut geeignet und kann hoffentlich weiteres Interesse wecken.

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