»Was geht mich die Physik an?«: Die Physik ist überall
Die Naturwissenschaften bilden die Grundlage für das Verständnis unserer modernen Welt. Physikalische Kenntnisse spielen nicht nur in der Forschung, sondern für viele alltägliche Probleme und Fragen des politischen Handelns eine wichtige Rolle. Denn komplexe Themen wie Corona-Pandemie, künstliche Intelligenz, Klimawandel oder erneuerbare Energien werden uns in der Regel von Experten erklärt. Ob und wie wir deren Aussagen wirklich verstehen, hängt von unserem Vorwissen zu den diskutierten Problemen ab. Es ist daher sicher sinnvoll, naturwissenschaftliche Grundkenntnisse zu besitzen, und der vorliegende Text hilft dabei, sie zu entwickeln. Der Autor, Professor für theoretische Physik an der Universität Göttingen, illustriert die Bedeutung der Physik für viele Fragen unseres Alltags.
Sein Buch besteht aus drei Teilen, die aufeinander aufbauen. Der erste große Abschnitt über »Wahrheit und Wirklichkeit« legt die Grundlagen. Dabei geht es um Themen wie Wissen oder Ethik sowie um die Grundbegriffe der Physik, der Mathematik und der Logik. »Das kleine Einmaleins der höheren Mathematik« hilft, mathematische Kenntnisse aufzufrischen. Daran schließt sich auf etwa 100 Seiten »Teil II Wirklichkeit und Modelle« an, in dem Konzepte wie Raum und Zeit, Energieerhaltung oder Felder und Wellen erklärt werden. Komplexe Forschungsgegenstände erläutert Kree bei der Beschreibung von »Einsteins Welt«, die uns in die Quantenphysik einführt. Aktuelle Fragen werden in »Teil III Modelle und Katastrophen« auf rund 80 Seiten behandelt. Hierbei geht es um künstliche Intelligenz und neuronale Netzwerke, Kernenergie und Atombomben oder auch um biologische Themen wie (biologische) Kettenreaktionen und Bevölkerungswachstum. Einen Blick auf gegenwärtige Probleme bieten Kapitel über ökologische Fragen sowie den Klimawandel mit der ihn begleitenden globalen Erwärmung und dem Treibhauseffekt.
Clausius als Vordenker der Nachhaltigkeit
Der Blick auf die Vielfalt dieser Themen verdeutlicht, wie stark wichtige Sachverhalte und Fragen von naturwissenschaftlichen und physikalischen Faktoren bestimmt sind. Ein lebensnahes Beispiel ist die Energieerhaltung. Kree beschreibt im entsprechenden Kapitel auch die geschichtliche Entwicklung des Wissens über Energie und erklärt dessen Grundlagen wie die Konzepte der Thermodynamik oder den Impulserhaltungssatz. Bereits im 19. Jahrhundert plädierte Rudolf Clausius (1822–1888) für einen nachhaltigen Umgang mit den vorhandenen Energiequellen. Er mahnte, dass »die folgenden Jahrhunderte die Aufgabe haben, in dem Verbrauch dessen, was uns an Kraftquellen in der Natur geboten ist, eine weise Oekonomie einzuführen«, und forderte, Energiequellen »nicht verschwenderisch zu verschleudern«. Die Bedeutung der Energie wird auch unter den Stichworten »Diät« und »Sport« illustriert, und Elektrizität wird nicht nur theoretisch, sondern unter Anwendungsaspekten erläutert. Die Funktion von Nerven- und Muskelzellen beruht auf physikochemischen Prozessen und kann nur so verstanden werden. Auch die anderen Themenkreise werden anhand ihrer Bedeutung für unseren Alltag und ihrer geschichtlichen Entwicklung erklärt.
Stellenweise ist der Text unnötig holprig. Trennungsregeln existieren offenbar nicht (»vielle-icht, let-tzgenannt, bes-timmt, Net-zhaut«). Außerdem hat der Autor sein eigenes System des »Genderns« erfunden. Beispiele wie »das Laie, der Expert, das Querdenk, Mitstreite, Fundamentaliste, Beobacht oder Naturwissenschaftel« sind nicht nur ungewöhnlich, sondern gewöhnungsbedürftig und stören den Lesefluss.
Im Anhang finden sich ein mathematisches Glossar sowie ein Personen- und Sachverzeichnis, mit deren Hilfe sich einzelne Themen vertiefen lassen. Insgesamt ist der Text verständlich, auch weil die meist sehr komplexen Sachverhalte anschaulich erklärt werden und der Autor viele lebensnahe Beispiele gibt. So ist dieses Buch jedem zu empfehlen, der unsere moderne Welt aus naturwissenschaftlicher Sicht verstehen möchte.
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