Schlechte Anweisungen aus der Zentrale
Um möglichst ressourcenschonend, effizient und schnell zu arbeiten, greift unser Gehirn häufig auf erlernte und bewährte Routinen zurück. Zu ihnen gehören Heuristiken, Verfahren also, um ein bestimmtes Problem rasch und mit begrenzten Informationen zu lösen. Möglich wird das mit Hilfe von Erwartungshaltungen und Mutmaßungen: Das Gehirn erstellt laufend Prognosen über die Welt und gibt auf deren Grundlage seine Handlungsanweisungen aus. Diese Arbeitsweise hilft, die kognitive Belastung zu reduzieren, hat aber einen großen Nachteil: Wir neigen dazu, in Stereotypen zu denken und nach unflexiblen Schemata zu handeln. Das kann zu verzerrter Wahrnehmung, Selbsttäuschungen und Fehlverhalten führen.
Wissenschaftsjournalist David DiSalvo erläutert in seinem Buch Strategien, die das Gehirn "glücklich machen" (seine Arbeitsbelastung vermindern), aber unerwünschte Nebenwirkungen haben. Er verdeutlicht sie anhand von Alltagssituationen, argumentiert jedoch stets auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien. Unter anderem befasst er sich mit dem "framing-bias", unserer Neigung, erlebte Situationen wegen Informationsmangels in einen falschen Rahmen zu setzen, was oft zu Fehlinterpretationen und schlechten Entscheidungen führt. Diesem häufigen Fehler könne man entgegenwirken, indem man sich mit Bewertungen und Schlussfolgerungen Zeit lässt, um verfrühte Urteile zu vermeiden.
Hinter allem eine Absicht sehen
Der Autor zeigt, warum wir manchmal Dinge tun, die rational betrachtet ziemlich sinnlos sind, oder warum wir mitunter leichtsinnige Entscheidungen treffen. Einer der Gründe hierfür ist die Tendenz, rein zufälligen Ereignissen eine Absicht zuzuschreiben. Etwa, wenn wir glauben, das Schicksal meine es schlecht mit uns und habe uns heute im Stau stehen lassen, damit wir zu spät zum Vorstellungsgespräch kommen.
Im vorletzten Kapitel leitet DiSalvo aus Fachartikeln konkrete Verhaltensratschläge ab. Er weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei seinem Werk nicht um ein Selbsthilfebuch handelt. Sein Ziel sei es vielmehr, dem Leser kognitionswissenschaftliche Erkenntnisse und deren Alltagsrelevanz näherzubringen. Er bezeichnet dies als "Wissenschaftshilfe", die seiner Meinung nach nützlicher als ist die Tipps in zahlreichen Lebensratgebern. Der Autor ist überzeugt davon, dass wir auf soliderem Boden stehen, wenn wir unser Verhalten anhand handfester Forschungsergebnisse überdenken und ausrichten. DiSalvo schreibt angenehm locker und gut verständlich, ohne dabei das Thema unzulässig zu vereinfachen. Sein Buch ist wissenschaftlich fundiert und empfehlenswert für alle, die gern mehr über die täglichen Fehlanweisungen unseres Gehirns erfahren möchte.
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