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Tiefkühltruhe nur für Supermärkte oder Serienkiller

Krimiautoren wollen mit Wissen zum Handeln gegen die Klimakrise motivieren.

Erst ist es dunkel, sie lehnen sich gemütlich in ihrem Kinosessel zurück, greifen mit allen Fingern in die Popcorntüte, nehmen einen tiefen Schluck aus einer Getränkeflasche. Und warten darauf, dass sich der Vorhang öffnet und der Gruselfilm startet. In Filmen genießen wir diese Spannung, schreibt Schätzing, der eigentlich ein ganz anderes Buch schreiben wollte, »einen Thriller. Dann dachte ich: Wir sind in einem Thriller. Sie und ich. Nicht als Hörer und Autor. Als Akteure.«

Post vom Terminator

Mit seinem neuen Buch will er zum Handeln in der Klimakrise motivieren. Die Wunderpille dagegen sei Wissen, erklärt der Autor. Schätzing sieht aber auch, dass Menschen überfordert sind, wie gelähmt, da sie überflutet werden mit Horrormeldungen über immer neue Klimakatastrophen. Zudem erscheine der Klimawandel nicht richtig sichtbar. Es gäbe keine Bilder wie bei einem Erdrutsch. »Am Morgen öffnen wir die Tür, der Himmel sieht aus wie immer. Klimawandel? Wo? Und wo sind die intelligenten Maschinen, die uns vernichten wollen? Die Post bringt immer noch der Briefträger, nicht der Terminator«, so Schätzing.

Doch die Klimakrise ist real, und so nutzt Schätzing sein Talent als Autor spannender Thriller und schreibt kreativ und eloquent. Er erklärt unterhaltsam die Szenarien des Weltklimarats, sieht Kipppunkte nicht nur in schmelzenden Eisbergen, sondern auch in einer Jugend, die rebelliert und auf die Straße geht. Oft allerdings geraten seine Erzählungen ausschweifend, auch wenn sein Buch mit über 300 Seiten zu seinen kürzeren Werken zählt. Die »Wunderpille« sei Wissen, die helfe, Fake News zu erkennen. Die Lösung für ein Überleben der Menschen sieht Schätzing in grüner Technologie und mit Veränderungen, die Einzelne bewirken, wenn sie Güter teilen, statt sie allein zu besitzen, weniger Müll erzeugen, und die Tiefkühltruhe besser nur den »Lebensmittelhändlern oder Serienkillern« überlassen.

Doch auch wenn er in der Einleitung ankündigt, sich der »heiligen Kuh der kapitalistischen Weltordnung, dem Wachstum« zu widmen, bleibt dieser Aspekt verhalten und ungenau. Denn grundsätzlich sei die kapitalistische Weltordnung die beste Weltordnung, so der Autor. Auch wenn er nur wenige Kapitel zuvor beschreibt, wie Akteure dieser Weltordnung, etwa ExxonMobil, die Katastrophe verschleierten, Klimaforscher verteufelten, Veröffentlichungen blockierten und noch 1997 den Regierungschefs erzählten: Die Welt wird kühler, denn Handeln gegen die Klimakrise wäre geschäftsschädigend gewesen.

Doch dort, wo Schätzing eloquent und geschliffen schreibt, berührt das Buch nicht so wie das einer anderen Krimiautorin, die ebenfalls ihren nächsten fiktiven Krimi verschoben hat. »Klimawandel – ein Appell« der französischen Autorin Fred Vargas ist emotional, sie wütet und klagt an, nennt es nicht Klimakrise sondern Verbrechen. Auch ihre Fakten sind sorgfältig recherchiert und unterhaltsam geschrieben. Allerdings liefert sie mehr Details als Schätzing und holt weniger weit aus. So zieht die Autorin auch schon mal Schwarze Löcher oder das Wetter bei der Entstehung des Romans Frankenstein von Mary Schelly heran, um Bedrohungsszenarien zu erläutern. Zudem richten sich Vargas Vorschläge für eine bessere Welt weniger an einzelne, sondern sind als konkrete Forderungen an die Regierenden formuliert. Einfach wird es nicht, die Welt zu retten, »es wartet ein Haufen Arbeit auf uns«, schreibt Vargas, deren Buch Ende Juli erscheint.

Eines schaffen sicher beide beliebten Autoren: Sie erreichen ein breites Publikum, da ihre Bücher millionenfach gelesen werden. Und sicher nimmt der ein oder andere Krimifan, der sonst kein Sachbuch über die Klimakrise lesen würde, auch diese Werke in die Hand. Für das Happy End muss er dann allerdings selbst sorgen.

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