Direkt zum Inhalt

»Was wir von der Welt wissen sollten«: Auf 300 Seiten um die Welt

Was gehört zum Kanon wissenschaftlicher Allgemeinbildung? Jens Botts Antwort auf diese Frage überzeugt in der Themenauswahl und bei der Darstellung der Fachgebiete.

Auf den ersten Blick erscheint der Titel dieses Buchs etwas gewagt – denn wer soll oder kann uns wirklich verbindlich sagen, was wir wissen sollten und was nicht? Es gibt extrem Vieles und sehr Unterschiedliches, das zu wissen interessant und auch lohnenswert erscheint. Dennoch ist es Jens Bott gelungen, ein breites Spektrum an wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammenzustellen, die zur Allgemeinbildung zu zählen einem durchaus plausibel erscheint. Interessant ist dieser Ansatz allemal – wobei freilich manche Leser, je nach Interessenschwerpunkt und Neigung, die Auswahl des Autors an der einen oder anderen Stelle kritisieren dürften.

Das Buch besteht aus zwei großen Teilen: »Die Natur« und »Der Mensch«. Der erste Teil beschreibt die Mathematik als Grundlagenwissenschaft und erläutert ihre Prinzipien und Möglichkeiten. Hier lernen wir verschiedene Zahlensysteme ebenso kennen wie die grundlegenden mathematischen Methoden, wie sie sich seit der Antike entwickelt haben. So können wir die Mathematik nach Bott als eine »Werkzeugkiste der Weltbeschreibung« verstehen. Alle wissenschaftlichen Entdeckungen, die unseren Alltag prägen, sowie die mit ihnen verbundenen Erkenntnisse beruhen auf einer quantitativen Analyse von Daten, deren Grundlage wiederum mathematische Verfahren sind.

Als zweites großes naturwissenschaftliches Gebiet folgt die Physik. Hier rekonstruiert Bott die Entdeckung und Erforschung der physikalischen Naturgesetze und widmet sich Themen wie »Pioniere des Lichts« oder »Die Welt als Uhrwerk«. Die komplexen Zusammenhänge von Atomphysik und Relativitätstheorie werden ausführlich dargestellt, bevor sich der Autor Geschichte und Entwicklung der Chemie widmet. So lernen wir, was chemische Elemente definiert und wie sie aufgebaut sind, und warum chemische Reaktionen auf eine bestimmte Art und Weise ablaufen. Als letztes Gebiet innerhalb der Naturwissenschaften wird die Biologie vorgestellt. Ihre Grundlagen und Entdeckungen erläutert der Autor ebenso wie unser Wissen über die Entstehung des Lebens und seine Evolution.

Ein gelungener »Appetizer«

Der zweite Teil des Buchs konzentriert sich auf die Geistes- und Sozialwissenschaften. Er behandelt grundsätzliche Fragen wie »Das Leib-Seele-Problem«, reflektiert Bedeutung und Entstehung von Sprache und Sprachfamilien sowie ganz allgemein die Entwicklung der Philosophie. Abschließend geht Jens Bott auf die Soziologie (»Gesellschaft: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«) und Ökonomie ein, die – ähnlich wie die anderen Themenkreise – in ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt werden.

Natürlich können all diese Inhalte auf etwas mehr als 300 Seiten nicht angemessen dargestellt oder gar erschöpfend diskutiert werden. Allein zu Themengebieten wie dem »Leib-Seele-Problem« (zwei Seiten), der »Geschichte der Philosophie« (rund 30 Seiten) oder der Relativitätstheorie wurden ja jeweils bereits viele umfangreiche Bücher verfasst. Seine Berechtigung hat das vorliegende Buch daher eher als »Appetizer«, der wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen auf einer sehr breiten Basis referiert und anregend beschreibt. Dabei werden die zentralen Punkte der einzelnen Fachgebiete berücksichtigt und erklärt.

Der Text liest sich flüssig und regt dazu an, sich mit den einzelnen Themen näher zu beschäftigen und dabei auch über die oft engen Grenzen der jeweiligen Wissens- und Forschungsgebiete hinauszublicken; dabei helfen auch die Angaben zur weiterführenden Literatur im Anhang. Insgesamt ist dem Autor eine verständliche und nachvollziehbare Darstellung gelungen, die zudem durch die Auswahl ihrer Themen überzeugt. Auch wenn das Zeitalter der Enzyklopädien vorbei sein dürfte – Überblicksdarstellungen wie diese haben weiterhin ihre Berechtigung.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Günstig erzeugt, teuer verkauft

Notre-Dame nach Brand wiedereröffnet! Erfahren Sie mehr über die Restaurierung und neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Plus: Warum sind die Strompreise in Deutschland die höchsten Europas? Lesen Sie mehr in »Spektrum – Die Woche«.

Spektrum der Wissenschaft – 50 Jahre Lucy

Vor 50 Jahren wurde in Äthiopien ein hervorragend erhaltenes Teilskelett von Australopithecus afarensis entdeckt. Auch ein halbes Jahrhundert nach seiner Entdeckung gilt das 3,2 Millionen Jahre alte Fossil immer noch als Urmutter aller Menschen. Doch »Lucy« hat Konkurrenz bekommen. Außerdem im Heft: Ein neues Quantenparadoxon löst Kontroversen aus. Der Drehimpuls eines Teilchens scheint sich von diesem zu lösen und sich körperlos zu bewegen – aber ist das wirklich so? Nanokapseln, wie jene der RNA-Impfstoffe, sollen die Medizin revolutionieren. Doch immer wieder tritt durch die Nanomedikamente eine gefährliche Immunreaktion auf. Was steckt dahinter? Nördlich von Berlin untersucht ein Forschungsprojekt, wie sich trockengelegte Moore wiedervernässen lassen. Schließlich stellen wir in der Rubrik »Forschung Aktuell« die Nobelpreisträger für Physik, Chemie und Medizin oder Physiologie sowie deren bahnbrechende wissenschaftliche Beiträge vor.

Spektrum der Wissenschaft – Vielfältige Quanten

Wir tauchen ein in die Welt der Quanten, die uns noch immer zahlreiche Rätsel aufgibt. Forscher entwickeln ständig neue Modelle und hinterfragen Grundlegendes, wie beispielsweise das Konzept der Zeit. Gleichzeitig macht die Entwicklung neuer Quantencomputer große Fortschritte und könnte unsere Verschlüsselungssysteme bedrohen. Experten arbeiten an neuen Methoden, um unsere Daten zu schützen. Erfahren Sie, wie diese Herausforderungen gemeistert werden und ob Kryptografen den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen können.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.