»Wenn aus Jugendlichen Erwachsene werden«: Ein Übergang mit Risiken
Endlich ist es so weit: Der Mietvertrag für das erste eigene WG-Zimmer ist unterschrieben, die Kisten sind gepackt, und nun heißt es, sich vom Altbekannten zu verabschieden. So verheißungsvoll die Aussicht auf diesen neuen Lebensabschnitt sein mag, so herausfordernd kann er auch sein. Denn entgegen der weit verbreiteten Annahme »Hat man die Pubertät erst einmal überstanden, ist das Gröbste geschafft« stellen einen auch die Jahre des jungen Erwachsenenlebens vor zahlreiche Entwicklungsaufgaben.
Zu Recht wundert sich Autor Claus Koch, dass dieser Phase gerade in der Psychologie und Pädagogik so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Denn nun steht einer der größten Umbrüche des Lebens an, wichtige Leitplanken wie Schule und Elternhaus fallen weg – und das zu einem Zeitpunkt, da die Identität oft noch nicht ausreichend gefestigt ist. Empirisch gut belegt ist, dass während Pubertät und Adoleszenz Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen häufig erstmalig auftreten. Koch möchte den Blick für diese »Odysseusjahre«, wie er sie nennt, schärfen.
Wenig Neues
Schon in früheren Werken hat sich der Psychologe mit dieser »Transitphase« beschäftigt; aber der Annahme folgend, dass junge Erwachsene heute durch Krisen wie die Corona-Pandemie, den Ukrainekrieg und die Klimakatastrophe mit deutlich mehr Unsicherheiten konfrontiert sind als vorangegangene Generationen, hat er sich des Themas erneut angenommen. Dabei beleuchtet der Autor zunächst, was Erwachsenwerden überhaupt bedeutet und welche Entwicklungsaufgaben und potenziellen Krisen damit verbunden sind. Dabei geht er auch auf die spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten für die in unserer Zeit Heranwachsenden ein. Zudem widmet er sich frühen Bindungserfahrungen und der Frage, wie diese sich in der Adoleszenz auswirken können. Schließlich beleuchtet er, welche Faktoren dazu beitragen können, dass junge Erwachsene gut durch diese teils stürmische Phase kommen.
Allerdings handelt es sich bei den von ihm benannten positiven Faktoren um solche, die ganz allgemein Resilienz ausmachen und nicht spezifisch für die Überwindung von Krisen bei jungen Erwachsenen sind. Immerhin: Eltern finden zum Ende des Buchs hin ebenfalls Anregungen, wie sie ihre neue Rolle ausgestalten können und welche Entwicklungsaufgaben es auch für sie zu bewältigen gilt. Das Buch bietet eine leicht lesbare Annäherung an das Thema Erwachsenwerden mit einem empathischen Blick auf eine wenig gesehene Altersgruppe. Jedoch fasst es viel Altbekanntes zusammen. Wer sich bereits mit dieser Lebensphase oder früheren Büchern des Autors befasst hat, erhält wenig neue Erkenntnisse.
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