"Wie häufig müsste sich deine Mannschaft waschen?"
Will man aufschlussreiche Antworten erhalten, muss man die richtigen Fragen stellen – in der Psychotherapie wie im sonstigen Leben. Vor allem in den ersten Sitzungen versucht der Therapeut, sich ein umfassendes Bild vom Patienten, dessen Problemen und Situation zu machen; gleichzeitig möchte er eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen und seinen Klienten nicht verschrecken.
Der Kinder- und Jugendtherapeut Robert Rossa und die Sozialpädagogin Julia Rossa haben zu diesem Zweck ein Kartenset entwickelt, das sie als "Breitbanddiagnostikum" bezeichnen. Es soll den Einstieg in die therapeutische Arbeit mit Kindern erleichtern und gleichzeitig verhindern, dass der Therapeut bestimmte Themen vernachlässigt und dadurch möglicherweise Entscheidendes übersieht. Es enthält 120 Karten mit Fragen, etwa: "Wenn du Kapitän auf einem Piratenschiff wärst, wie häufig würdest du deiner Mannschaft befehlen, sich zu waschen? Warum?"
Den Eigengeschmack einschätzen
Die Karten teilen Rossa und Rossa in fünf Kategorien ein: Kreativität und Fähigkeiten, Wünsche und Beziehungen, Erfahrungen und Wissen, Emotionen und Gedanken, Alltag und Motivation. Teils erfordern sie Fantasie (zum Beispiel: "Wenn du ein Bonbon wärst, wie würdest du schmecken?"), teils stimmen sie nachdenklich (zum Beispiel: "Was darf sich in deinem Leben nicht verändern?"). Aber alle bieten die Chance, das Kind und seine Ängste, Ansichten und Erfahrungen kennen zu lernen. Die Fragen können auch dabei helfen, Themen anzusprechen, über die der Patient vielleicht nicht von sich aus berichtet, etwa "Welchen Moment möchtest du ab jetzt und für immer vergessen?" Um die gewonnenen Informationen sowie eigene Notizen festzuhalten, steht online ein Dokumentationsbogen zur Verfügung.
Die Autoren halten es für sinnvoll, wenn das Kind die Karten selbst vorliest, notfalls mit Unterstützung. Denn dadurch falle es ihm leichter, schwierige Fragen auf später zu verschieben, ohne dass dies die Beziehung zwischen Patient und Therapeut beeinträchtige.
Lediglich die Angabe "für die Kinderpsychotherapie und beraterische oder pädagogische Arbeit mit Kindern bis zu zehn Jahren" irritiert. Warum sollten die Fragen für ältere nicht geeignet sein? Im Gegenteil, sie sind auch für die Therapie mit Erwachsenen sinnvoll. Das Kartenset unterstützt nicht nur Therapeuten, Fragen zu stellen, auf die sie vielleicht nicht gekommen wären. Es hilft ebenso Patienten, sich selbst besser darüber klar zu werden, wer man eigentlich ist, was man mag und was man sich wünscht.
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