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Wenn der Hai »Hallo« sagt

Das neue Buch blickt auf Leuchtwelten im Ozean und auf Haie, die auch mal Angst haben.

Die Geschichte ist nicht neu: Ein paar böse Märchen, und schon kann man gewisse Tiere »rechtmäßig« jagen und ausrotten. Unter einem schlechten Ruf leidet nicht nur der Waldbewohner Wolf, sondern auch der im Wasser lebende Hai.

Unterwasser-Wunderwelt

Das Buch von Julia Schnetzer kann dieses falsche Bild vielleicht ändern. Darin beschreibt sie eine Unterwasser-Wunderwelt mit leuchtenden Haien sowie Quallen und ganze Korallenriffe, die unter blauem Licht erscheinen, das besonders tief ins Wasser dringt. Haie können sich auch schon mal vor Feinden erschrecken, wobei sie sich groß aufblasen, indem sie rasend schnell Wasser aufsaugen. Tintenfische reagieren ebenfalls eindrucksvoll auf äußere Phänomene und lassen gelb fluoreszierende Wellen über ihren Körper laufen. Tatsächlich wimmelt es im Meer von leuchtenden Lebewesen: Karettschildkröten, Nacktschnecken, Muränen, Garnelen, Hummer und Seepferdchen strahlen in prächtigen Farben. Bei einigen sind es bloß einzelne Hautflecken oder Schuppen; andere leuchten erst, wenn sie tot sind. Manche Wesen nutzen das Licht, um sich zu tarnen, während wieder andere für interessierte Partner sichtbar sein wollen, und einige locken mit dem Verhalten ihre Beute an.

Neben den erstaunlichen Leuchtwelten im Ozean erklärt die erprobte Science-Slammerin verständlich die Grundlagen der zu Grunde liegenden Naturwissenschaft. So zeigt sie mit Hilfe einer Grafik eines Atommodells, wie Fluoreszenz entsteht, oder anhand einer Abbildung, wie die Jahresringe im Wirbel eines Haies aussehen. Dabei haben es Haiwissenschaftler nicht immer einfach, denn einige dieser Tiere machen sich ziemlich rar. So zeigte sich der Riesenmaulhai in mehr als 40 Jahren nur 117-mal. Andere Artgenossen ziehen hingegen weiträumig umher. Um ihr Verhalten zu erforschen, bringen Wissenschaftler Sender an ihren Rückenflossen an. Jedes Mal, wenn das bedrohliche Markenzeichen aus dem Wasser ragt, funkt der Sender einen Satelliten an. Das sei, als würde das Tier ein »Hallo« an die Beobachter schicken, so die Autorin.

Zwar steht der Hai oft im Mittelpunkt des Buchs, doch Schnetzer beleuchtet auch die Sprache von Fischen oder Quallen, die im Angesicht ihrer Feinde schon mal deren Feinde anlocken. Zudem spricht sie darüber, wie Fische die Welt sehen, von unbeachteten Meereswesen wie den Insekten oder wie wertvoll Bakterien fressende Meeresviren für das Klima sind. Oft geht Schnetzer auf den möglichen Nutzen der Meeresforschung ein. Zum Beispiel haben hitzeresistente Mikroorganismen der Tiefsee den PCR-Test, der aktuell durch die Corona-Pandemie bekannt wurde, deutlich verbessert. Und antivirale Schwammmoleküle halfen bei der Entwicklung von Remdesivir, einem Mittel gegen Ebola.

Etwas mühsam liest sich das Kapitel über die Vermüllung der Meere. Plastikverpackungen haben es sogar schon fast 11 000 Meter tief in den Marianengraben geschafft. Hier fasst die Autorin noch einmal das meiste Bekannte zusammen.

Insgesamt erläutert das Buch, warum der Hai seinem Ruf als Killer nicht so richtig gerecht wird. Jährlich sterben rund zehn Menschen weltweit nach Haiangriffen, und nicht alle gehen auf das Konto des Weißen Hais. Der Filmbösewicht steht inzwischen wie viele andere auf der Roten Liste für gefährdete Tierarten. Oft landen die Tiere auch als Beifang in den Netzen und verenden. Besonders schlimm ist das beim Grönlandhai, der bis zu 500 Jahre alt werden kann. Wäre doch schade, wenn er ausstirbt und Forschende das Geheimnis seines langen Lebens noch nicht entschlüsseln konnten.

Aktuell sind über 70 Prozent aller Haie ausgestorben. Dabei stehen die Tiere nicht im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit beim Thema Artensterben. Man hört häufiger von Wildbienen, Vögeln oder Schmetterlingen. Doch nach dem Lesen von leuchtenden Haien und ihrer Kameraden im Meer möchte man diese Wunderwelt nicht mehr missen.

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