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»Wider den Unverstand!«: Die Unmündigkeit der Gesellschaft

Trotz aller Bemühungen seien die meisten Deutschen unmündig, so der Publizist Ernst Peter Fischer. Er plädiert für eine bessere naturwissenschaftliche Bildung. Eine Rezension
Eine Wissenschaftlerin sitzt an einem Tisch

»Wir sollten uns alle schämen«, heißt es in der Überschrift eines Kapitels von »Wider den Unverstand«, ein Buch des Publizisten Ernst Peter Fischer. Seiner Ansicht nach seien die meisten Menschen trotz großer Bemühungen im 21. Jahrhundert unmündig.

Wenn Sie zur Leserschaft mit Kindern oder Enkelkindern gehören, erinnern Sie sich vermutlich daran, wie diese, sobald sie reden können, uns »Löcher in den Bauch« fragen. Oder vielleicht gehören Sie zu den Glücklichen, die Interesse an der Wissenschaft haben und versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen, indem Sie nach dem Warum fragen.

Fußball als Wissenschaft

Wissenschaft ist kompliziert, keine Frage. Die Erkenntnisse einfach zu erklären, ist eine Kunst für sich. Ein solches Wissen könne man nicht zwischen zwei Ratesendungen oder auch in Poetry Slams in alltäglichen Unterhaltungssendungen »vorgaukeln«, so Fischer. Dabei könne selbst das Fußballspiel zum Wissenschaftsraum werden, wenn man sich fragt, wie die Wiederholung von Spielszenen eigentlich abläuft oder wie die Torlinientechnik funktioniert. Doch um das zu schaffen, sei Anstrengung nötig.

Daher fordert Fischer, die Verwobenheit der Naturwissenschaften ebenso wie die Erklärung verborgener Phänomene grundlegend in den Alltag der Menschen zu integrieren. Denn je mehr Fragen man sich stellt, desto mehr Geheimnisse tun sich auf. Das kann man wunderbar am Verhalten von Kindern sehen, die mit einer einfachen Frage beginnen, woraufhin sich etliche weitere eröffnen. Gerade hier dürfe Neugier nicht durch Faulheit eingeschränkt werden.

In den beiden letzten Kapiteln »Das Verschwinden der Allgemeinbildung« und »Kein Public understanding of Science« mahnt der Autor die Wissenschaft und ihre Vertreterinnen und Vertreter an, für mehr Verständnis ihrer Fächer zu sorgen. Naturwissenschaft ist sogar in der Philosophie, der Literatur und der Kunst, etwa bei Kafka oder Beuys, enthalten, wie der Autor betont. Dadurch werde sie vielleicht einfacher für Menschen zu greifen, die sonst wenig Berührungspunkte damit haben.

Sicherlich hat der Autor in vielen Punkten seiner Ausführungen Recht. Man sollte Menschen besser aufklären, ihnen die Dinge um sie herum erklären, damit sie Zusammenhänge verstehen. Aber leider ist das nicht so einfach, wie es an manchen Stellen im Buch erscheint. Die Bildung in Deutschland ist heute zwar in aller Munde – aber was wird wirklich getan, um sie zu verbessern? Alle Studien, von PISA über IGLU und so weiter, belegen, wie schlecht es um die Bildung in der Bundesrepublik steht.

Der Autor behauptet, die Menschen in Deutschland seien trotz aller Bemühungen unmündig geblieben. Doch vielleicht waren unsere Bemühungen nicht groß genug. Unser Bildungssystem, das schon in der Kita beginnt, sollte reformiert werden. Wir müssen mehr in den Bereich investieren, um ein Niveau der Allgemeinbildung zu erreichen, das sich mit unseren Nachbarländern vergleichen lässt. Das Heben des Fingers und das Ermahnen durch den Autor sind sicherlich ein wichtiges Zeichen, aber danach muss mehr kommen. Damit stellt sich die Frage: Wer wird das Buch lesen und die Inhalte weitertragen, um eine Veränderung herbeizurufen?

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