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»Wie die Vandalen!«: Von den Vandalen über den Blitzkrieg bis zum Berliner Stadtjubiläum

Wie haben sich die Vandalen wirklich benommen? Bernd Ingmar Gutberlet beleuchtet in seinem nicht durchgängig erhellenden Buch Kontroversen der Geschichtsschreibung.
Forum Romanum

Dem Historiker und Publizisten Gutberlet geht es um die Vermittlung historischen Wissens für ein breites Publikum. In diesem Buch stellt er gängige »Irrtümer« über die Geschichte vor, beispielsweise jenen, dass sich Christen einst in den römischen Katakomben versteckt hätten. Zwei weitere Teile beschäftigen sich mit bis heute Rätselhaftem, so zum Beispiel mit der Frage, ob es den Kalliasfrieden zwischen den Griechen und Persern im 5. vorchristlichen Jahrhundert überhaupt gegeben hat. Manches ist in der Geschichtswissenschaft umstritten, so auch die »deutsche Kriegsschuldfrage« im Hinblick auf den Ersten Weltkrieg.

Teilweise versucht Gutberlet das Interesse mit ausgefallenen Themen zu wecken, die indes das Publikum nicht unbedingt interessieren dürften. So widmet er sich beispielsweise der Frage, wann Berlin gegründet wurde – wozu man gleich mehrere Daten im 13. Jahrhundert anführen kann. Doch sowohl in der Hauptstadt der DDR als auch in Westberlin wurde 1987 ein Stadtjubiläum (»750-Jahr-Feier«) begangen, das dann eben nicht unbedingt zu den einschlägigen Daten passte. Auch erwähnt Gutberlet, dass die Inquisition die Sekte der Luziferaner im 14. Jahrhundert nur deswegen erfunden habe, um ihren Angeklagten einen solchen Vorwurf machen und sie auf den Scheiterhaufen bringen zu können. Nun ja, die Anklagen der Inquisition stützten sich alle auf Erfindungen oder auf religiöse Vorurteile.

Dagegen versucht die Titelstory mit dem schlechten, sprichwörtlichen Ruf der Vandalen aufzuräumen, die zwar Rom plünderten, sich aber bei ihrem jahrzehntelangen Zug quer durch das Römische Reich nach Spanien und Afrika ganz ordentlich benahmen. Ähnliches gilt für das christlich geprägte Verständnis vom antiken Rom, in dem üble Kaiser regierten, die das Volk mit Brot versorgten und mit grausamen Spielen unterhielten. Rom war ein Hort des Sittenverfalls, den die Christen endlich aufräumen mussten. Diese und ähnliche Geschichten sind informativ und können uns eines Besseren belehren, was zweifellos verdienstvoll ist.

Dies gilt auch für einen Abschnitt unter den »Irrtümern«, in dem Gutberlet den Begriff des »Blitzkriegs« als Propaganda beider Seiten entlarvt. Denn der Erfolg der deutschen Armee im Krieg gegen Frankreich 1940 beruhte viel weniger auf einer Taktik als auf einigen glücklichen beziehungsweise unglücklichen Umständen. Doch mit dem Wort »Blitzkrieg« konnten die einen ihren Sieg als Kalkül präsentieren, die anderen ihre Niederlage just mit diesem überraschenden Kalkül entschuldigen.

Ein bunter Strauß historischer Themen

Bei den »Kontroversen« geht es in einem Fall um den einzigen anhaltenden öffentlichen Protest von Frauen gegen die Deportation ihrer jüdischen Ehemänner im März 1943 aus Berlin in die Vernichtungslager. Die Frage ist nicht, warum dieser Protest erfolgreich war, sondern ob er überhaupt dazu beigetragen hat, die geplante Deportation zu verhindern; schließlich wurden Mischehen von den Nazis zwar nicht getrennt, sie waren ihnen aber sehr wohl ein Dorn im Auge. Die Antwort auf diese Frage mag noch eine Aufgabe historischer Recherche sein. Aber Gutberlet hat das Verdienst, an diesen Widerstand zu erinnern, der kaum bekannt ist – gleichgültig, ob er erfolgreich war oder nicht.

Die von Gutberlet »Rätsel der Geschichte« genannten Ereignisse könnte man ebenfalls als »Kontroversen der Geschichte« bezeichnen. Denn hier geht es –neben dem bereits erwähnten Kalliasfrieden – beispielsweise um das nicht mehr rekonstruierbare Datum der Geburt des Jesus von Nazareth und verschiedene Fragen: Gab es vor dem Patriarchat tatsächlich ein Matriarchat? Haben Kannibalen wirklich existiert, oder wollte man mit dieser Behauptung bloß fremde Völker überall auf der Welt diskriminieren? Und wo könnte das berühmte Bernsteinzimmer abgeblieben sein?

Insgesamt erscheint die Sammlung der Storys etwas willkürlich, manchmal gar marktschreierisch und abseitig. Ob das Werk zu einer historischen Aufklärung beiträgt, ist zweifelhaft. Ein nur bedingt lesenswertes Buch: Note 3.

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