In den Wohnzimmern der Experten
Der Autor hat Gespräche mit bedeutenden Forschern unserer Zeit geführt. Dabei ging es vor allem um naturwissenschaftliche und philosophische Fragen: Haben wir eine Seele? Könnten wir mithilfe der Genetik die Dinosaurier wiedererwecken? Wie denken Kinder? Ist der Überfluss in unserer Gesellschaft unmoralisch? Wie nah sind alle Menschen miteinander verwandt? Zu den Befragten gehören die nobelpreisgekrönte Molekularbiologin Elizabeth Blackburn, die Verhaltensforscherin Jane Goodall und der Biologe Richard Dawkins.
Sämtliche Gespräche fanden in den Wohnzimmern der Wissenschaftler statt – bis auf eines, das über Skype lief. Denn hier wollte Kleins Gesprächspartner, ein Moralphilosoph, den Kohlendioxidausstoß des Fluges nicht verantworten, den der Autor für ein Treffen hätte auf sich nehmen müssen. Auch in den anderen Dialogen scheint bisweilen eine leichte Schrulligkeit durch. Da ist zum Beispiel der Bewusstseinsforscher, der auch Regenwürmern eine Spur von Erkenntnis zugesteht und sich deshalb vegetarisch ernährt, oder der Traumforscher, der vor einigen Jahren noch der Meinung war, Träume hätten rein gar nichts zu bedeuten, dann aber seine Einstellung änderte und heute sehr gewissenhaft ein Traumtagebuch pflegt.
Niemand entkommt dem Alter
Die Interviewreihe entstand in den Jahren 2010 bis 2013 und wurde ursprünglich im Zeit-Magazin abgedruckt. Der Buchtitel lehnt sich an eine der diskutierten Fragen an, nämlich ob wir ewig leben könnten. Nobelpreisträgerin Blackburn verneint dies. Sie hat das Enzym Telomerase entdeckt – ein Molekül, das die Anzahl der möglichen Teilungen einer Zelle beschränkt und somit auch die Erneuerungsfähigkeit unseres Körpers begrenzt. Mit jeder Teilung einer Körperzelle alterten wir unerbittlich, so Blackburn, und das werde sich auch mit modernster Forschung nicht ändern lassen.
Narretei der Jugend
In den Gesprächen scheint nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch die Persönlichkeit der Gesprächspartner durch. Auf die Frage, ob sie wieder ein Kind sein wolle, erwidert beispielsweise die Entwicklungspsychologin Alison Gopnik: "Stellen Sie sich vor, Sie erleben zum ersten Mal Paris, sind dabei von einer unglücklichen Liebesaffäre gequält, haben außerdem gerade eine Schachtel Gauloises weggeraucht und drei Espressi getrunken – so ist es, ein Baby zu sein. […] Mir kommt dieser Zustand ziemlich anstrengend vor."
Klein versteht es, spannende Fragen zu stellen und die Konversation in die richtige Richtung zu lenken. Er zeigt sich überaus gut über das jeweilige Gesprächsthema informiert, was wohl auch an seinem eigenen Hintergrund liegt – er ist Physiker und Philosoph. Trotz ihres hohen Niveaus bleiben die Interviews gut verständlich und driften nicht in Fachsprache ab. Der Autor hat recht, wenn er anmerkt, die Gespräche lebten davon, "dass ein bedeutender Forscher dem Leser als Mensch gegenübertritt". Das und die abwechslungsreiche Themenauswahl machen das Buch wirklich lesenswert.
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