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Die algorithmische Revolution

Künstliche Intelligenz zwischen Utopie und Dystopie: ein Realitätscheck.

Künstliche Intelligenz könnte das Beste oder das Schlimmste werden, was der Menschheit jemals widerfahren ist«, prognostizierte der 2018 verstorbene Physiker Stephen Hawking. Sie kann den Herzinfarkt erkennen, bevor er geschieht; Verbrechen verhindern, bevor sie passieren; aber auch die Tür zu einem totalitären Überwachungsstaat öffnen. Diverse Chancen und Risiken dieser Entwicklung für die Gesellschaft beleuchten Ralph Müller-Eiselt und Jörg Dräger, Experten für digitalen Wandel der Bertelsmann Stiftung, in diesem Buch. Ihre Ziele: eine politische Debatte entfachen und die Leser zum Mitgestalten der algorithmischen Revolution anregen.

Wie viel wiegt Ihr Gehirn? Wenn Sie jetzt instinktiv googeln würden, wären Sie Nutznießer von Algorithmen, die Ihre Eingabe vervollständigen, Ihre Suchanfrage beantworten und Ihnen einen spamfreien Artikel präsentieren. Egal ob Facebook, Youtube oder Wikipedia, überall in unserem Alltag begegnen wir Algorithmen. Ein Verzicht auf diese: eigentlich nicht mehr vorstellbar. »Algorithmen sind gekommen, um zu bleiben«, lautet daher eine zentrale These der Autoren. Trifft eine Maschine für uns eine Entscheidung, erfüllt das viele Menschen mit Unbehagen. Dabei arbeiten Maschinen oft schneller, konsistenter und objektiver als wir. Immense Rechenpower, striktes Befolgen von Schema F und eine fehlende Verzerrung durch Denkfehler oder Emotionen machen das möglich.

Gute Bürger und schlechte Bürger

Weltweit personalisieren Algorithmen Medizin, Bildung oder Werbung, berechnen eine gerechtere Studienplatzverteilung oder sorgen für Sicherheit. Etwa das Statistikprogramm SKALA, das die deutsche Polizei verwendet. Es sagt den Ort künftiger Straftaten voraus und hilft so, Kriminaldelikte durch stärkere Polizeipräsenz zu vereiteln.

Der Algorithmus, dein perfekter Freund und Helfer? Leider nicht immer, denn auch er irrt, diskriminiert und birgt Gefahren. Vor allem, wenn er für moralisch fragwürdige Zwecke eingesetzt wird oder der Datensatz, mit dem das Programm trainiert wurde, nicht repräsentativ ist. In den USA etwa spürte Computersoftware gezielt Menschen in Krisen auf, die für dubiose Angebote anfällig waren. Und Chinas Sozialkreditsystem, mit dessen Hilfe die Bürger für »gute« Taten belohnt und für »schlechte« sanktioniert werden, lässt den orwellschen Albtraum Realität werden. Um künstliche Intelligenz in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, Risiken zu minimieren und Missbrauch zu vermeiden, fordern Dräger und Müller-Eiselt daher einen »Beipackzettel« für mehr Transparenz, einen Algorithmen-TÜV als Kontrolle sowie klare Haftungsregeln und ethische Richtlinien. Denn »noch haben wir es selbst in der Hand«, so die Autoren, ob die digitale Entwicklung einen positiven Ausgang für uns nimmt.

Vielfältige Beispiele, kreative Kapiteleinstiege und eine verständliche Sprache bereichern die durchdachte Argumentation der Autoren. Sinnvoll wäre jedoch eine ausführlichere Klärung der Begriffe Algorithmus und künstliche Intelligenz sowie ihrer Prinzipien gewesen. Das Buch eignet sich für jene, die Einsatzfelder gesellschaftsrelevanter Algorithmen kennen lernen möchten, dabei aber nicht zu tief in die Informatik einsteigen wollen. Übrigens: Das menschliche Gehirn wiegt im Schnitt 1,3 Kilogramm – eine Information, für die Google gedankt sei.

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