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»Zahlen lügen nicht«: Die Zählbarkeit der Welt

Unterhaltsam und mitunter inspirierend sind die Zahlen, über die Vaclav Smil die Welt erschließt. Von seinen vielen Themen kann er aber keines wirklich vertiefen.
Zahlen aus Metall auf einem rostigen Tisch

Dieses Buch versammelt kurze Essays, die der Autor seit 2015 als Kolumnist für die Zeitschrift »IEEE Spectrum« verfasst hat. Vaclav Smil war Professor für Umweltwissenschaften an der University of Manitoba in Kanada. Er charakterisiert sein Werk als »eklektisches Buch, zusammengestückelt aus Themen, die ein breites Spektrum abdecken«. Weniger schmeichelhaft formuliert handelt es sich also um ein buntes Sammelsurium. Die einzelnen Kapitel sind zwischen drei und fünf Seiten lang und lassen sich rasch lesen. Das kann man als Vorteil sehen, denn so erhält der Leser Einblick in viele unterschiedliche Gebiete oder aber als Nachteil, weil auf so wenig Raum keines der Themen wirklich vertieft werden kann.

Smil behandelt Themen wie »Menschen«, »Länder«, »Maschinen, Designs, Geräte«, »Brennstoffe und elektrischer Strom«, »Transport«, »Ernährung« und »Umwelt«. Er vermittelt viele Details, die zum Teil überraschend und auch interessant sind, und der Autor legt Wert darauf, alle Details durch Angaben von »harten« Zahlen abzusichern. Die meisten Sachverhalte werden mit erklärenden Grafiken anschaulich illustriert. Zahlen allein genügen jedoch oft nicht, wie der Autor erklärt. Denn »um verstehen zu können, was in unserer Welt wirklich vor sich geht, müssen wir im nächsten Schritt die Zahlen in den jeweils zugehörigen historischen und internationalen Kontext einbetten«, und so werden auch viele geschichtliche Zusammenhänge benannt.

So war etwa nach der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um 1450 die Speicherung von Informationen nicht mehr auf die meist mündliche Weitergabe beschränkt, und bis Anfang des 16. Jahrhunderts wurden in Europa mehr als 11 000 neue Bücher gedruckt. Das 20. Jahrhundert brachte technologische Entwicklungen wie Magnetbänder, Schallplatten und vor allem die digitale Datenspeicherung. Seitdem wächst die Menge an Daten, die auf uns einströmt. Ein digitales Mammogramm hat ein Datenvolumen von etwa 50 Megabyte, und ein Foto ist mit 5 Megabyte ungefähr so groß wie eine Datei mit sämtlichen Werken Shakespeares. Das Volumen an Daten und Informationen ist durch das Internet explosionsartig gewachsen – die Unmengen von Videos aller Art und die Omnipräsenz von Wetterdaten sind zwei Symptome dieser Entwicklung. Und Smil fragt zu Recht, ob es überhaupt möglich ist, von diesem Berg an Daten einen sinnvollen Gebrauch zu machen.

Nicht jede Zahl vermittelt eine relevante Information

Zum munteren Themenreigen gehören auch die statistische Verteilung von Körpergrößen in verschiedenen Ländern, das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Impfungen oder die Bevölkerungsentwicklung in Asien und Afrika. Zu der Frage, wie sicher verschiedene Transportmittel sind, erfahren wir, dass es im Jahr 2014 nur einen Todesfall bei rund 2,4 Millionen Flügen gab, Fliegen also im Vergleich zum Autofahren oder Rauchen sehr sicher ist. Manch andere Fakten sind für sich genommen nicht uninteressant, aber ihre Relevanz erschließt sich nicht immer. Denn was lernen wir daraus, wenn wir wissen, dass die Biomasse aller Kühe mit 600 Millionen Tonnen höher ist als die der Menschheit (390 Millionen Tonnen)? Auch dem Autor scheinen ob seines Datenlabyrinths Zweifel zu kommen, da er im Nachwort schreibt: »Mag sein, dass Zahlen nicht lügen, aber welche Wahrheiten verraten sie uns?«

So findet wohl jeder in diesem verständlich geschriebenen Buch etwas Interessantes und vielleicht die Anregung, sich mit bestimmten Gebieten etwas intensiver zu beschäftigen. Hierbei hilft die angegebene weiterführende Literatur. Und sicher sollte man dem allgemeinen Rat des Autors folgen: »Wenn es unser Bestreben ist, möglichst viele unbequeme Realitäten zu verstehen und unsere Entscheidungen auf die besten verfügbaren Informationen zu gründen, gibt es keinen Ersatz für die Arbeit mit Zahlen.«

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