Durch den Medikamentendschungel
Wie lassen sich Tabletten und Kapseln am besten schlucken? Wann nach dem Essen ist man wieder nüchtern? Was hilft am besten gegen Halsschmerzen? Und welche Pillen sind vegan oder halal? Mit solchen Fragen setzt sich die Apothekerin Christine Gitter täglich auseinander. In ihrem Buch antwortet sie darauf – unterhaltsam und wissenschaftlich fundiert.
Anschaulich erklärt sie zum Beispiel, wie Medikamente im Körper aufgenommen werden, wie sie wirken und warum es zu Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Substanzen kommen kann. Dazu nimmt sie ihre Leser mit auf eine Reise ins Körperinnere und zeichnet den Weg einer Tablette durch Speiseröhre, Magen, Darm und Blutbahn bis zum Wirkort nach. Es wird deutlich, warum manche Pillen einen magensaftresistenten Überzug brauchen, wie sich Tageszeit und Magenfüllung auf die Aufnahme des Arzneistoffs auswirken und weshalb etwa Kaffee oder Grapefruitsaft die Wirkung beeinflussen können. Wissenschaftliche Fachausdrücke setzt die Autorin nur sparsam ein und erklärt sie stets. Im Anhang liefert sie gut verständliche Übersetzungen pharmazeutischer Fachbegriffe. Auch erläutert sie missverständliche Formulierungen in Packungsbeilagen.
Medikamente aus dem 3D-Drucker
Ein eigenes Kapitel widmet Gitter der medizinischen Forschung. Hier stellt sie zum einen dar, wie die Entwicklung neuer Wirkstoffe abläuft: von der Idee über präklinische und klinische Studien bis hin zur Zulassung. Zum anderen stellt sie neuere technische Entwicklungen vor, beispielsweise Medikamente aus dem 3D-Drucker oder Pillen, die ans Smartphone melden, ob und wann sie eingenommen wurden. Das mag wie Zukunftsmusik klingen, ist in den USA aber bereits zugelassen und auf dem Markt.
Abgesehen von diesem Exkurs, den Gitter selbst als Insiderinformationen »zum Klugscheißen« bezeichnet, dreht sich das Buch zumeist um alltagsnahe Themen. Rund ein Drittel widmet sich der Hausapotheke. Gegliedert nach zu behandelnden Krankheitssymptomen erläutert die Autorin ausführlich, welche Arznei wogegen hilft, wie und wann sie einzunehmen ist, welche Wechsel- und Nebenwirkungen möglich sind und wann man lieber einen Arzt aufsuchen sollte. Gitters Ratschläge sind ausdrücklich evidenzbasiert, umfassen also nur solche Behandlungen, die nachweislich über den Placeboeffekt hinaus wirken und nutzen. Sie betont aber, dass sie die Leser nicht davon abhalten möchte, auch andere Mittelchen einzunehmen, falls diese persönlich gut tun. Ihre eigenen Empfehlungen umfassen vorwiegend, aber nicht ausschließlich klassische Arzneimittel. So empfiehlt sie zur Fiebersenkung neben Ibuprofen, ASS und Paracetamol auch Wadenwickel und erläutert ausführlich, wie diese optimal temperiert und angelegt werden sollten.
Leider verzichtet die Autorin auf Literaturangaben und weiterführende Referenzen. Wer also die im Buch genannten Studien nachlesen möchte, muss selbst recherchieren. In einem Kapitel kündigt Gitter an, es gebe eine Website zum Buch, auf der man sich unter anderem Etiketten für Medikamente herunterladen könne. Deren Adresse nennt sie allerdings nicht.
Von diesen kleinen Mankos abgesehen ist das Werk sehr gelungen und vermittelt insbesondere medizinischen Laien ein solides Grundlagenwissen für den kompetenten Umgang mit Arzneimitteln. Dank der gut strukturierten Kapiteleinteilung und dem ausführlichen Stichwortverzeichnis eignet es sich auch als Nachschlagewerk bei speziellen Fragen.
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