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Ziemlich viel und doch zu wenig: Geschichten aus der Biologie

Der Anspruch dieses doppelbändigen, über tausend Seiten langen Werkes ist hoch. Die Biologie hat sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts endgültig als „Leitwissenschaft“ etabliert; ihre Fortschritte und gesellschaftlichen Auswirkungen werden kontrovers diskutiert. Nun wollen die Herausgeber Ilse Jahn und Michael Schmidt in einem Doppelband anhand der Kurzbiografien wichtiger Biologen die Entwicklung des Faches bis heute nachvollziehen und dabei die Menschen hinter den jeweiligen Entdeckungen sichtbar werden lassen. Das zumindest verspricht der Klappentext. Die Einleitung stellt dann jedoch schnell die Beschränkungen klar: Die Sammlung ist reduziert auf die letzten drei Jahrhunderte, und die Auswahl der geschilderten Persönlichkeiten erfolgte weniger systematisch als vielmehr der Verfügbarkeit geeigneter Biografen folgend. Ebenso wurden auch keine noch lebenden Forscherpersönlichkeiten behandelt, da die Herausgeber mangelnde Distanz der Autoren witterten. Nun sind das aber durchaus nachvollziehbare Einschränkungen, und die entstandene Sammlung ist in der Tat sehr lesenswert. Die einzelnen Porträts sind fast durchgängig untergliedert in Lebensweg, Werk und Wirkung und setzen so die Arbeiten in den Kontext der jeweiligen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Vielfalt der Autoren führt natürlich zu einer gewissen Heterogenität in Stil und Detailgenauigkeit, was aber keineswegs die Lesbarkeit herabsetzt. Allerdings scheint es mit der Distanz bei einigen Biografen dann doch nicht so weit her zu sein: Verschiedene Abschnitte lesen sich eher wie Festreden auf die jeweiligen wissenschaftlichen Lehrer. Noch ärgerlicher ist, dass bei einigen der im zweiten Band skizzierten Lebensläufe der gesellschaftliche und politische Rahmen ausgeblendet zu sein scheint. Ob und wie sich deutsche Wissenschaftler mit dem Nationalsozialismus arrangiert haben, sollte nicht nur zwischen den Zeilen erfahrbar sein. Ebenso irritiert hier die Auswahl der porträtierten Wissenschaftler. Die Herausgeber scheinen unter „Biologie“ ausschließlich die Bereiche zu verstehen, die keine Überschneidung mit der Medizin besitzen; Namen wie Müller, Helmholtz, Broca, Golgi, Cajal, Sherrington, Eccles usw. sucht man folglich vergeblich. Dies ist um so unverständlicher, als die Gehirnforschung in zunehmendem Maße das Bild des Menschen definiert und damit sicherlich gesellschaftlich relevanter ist als die Systematik. Hauptkritikpunkt an den beiden Büchern ist also vor allem der überzogene Anspruch. Als Sammlung von Biografien bedeutender und weniger bedeutender Forscher sind sie zwar sehr lesenswert; eine Geschichte der Biologie stellen sie jedoch nicht dar.

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